Papst Benedikt XVI. hat den Christen in der Türkei bei einem Gottesdienst in Ephesus Mut zugesprochen. In seiner Predigt am Marienheiligtum Meryem Ana Evi („Haus Mariens") betonte der Papst, er wolle mit seinem Besuch die christliche Gemeinschaft in der Türkei die Liebe und geistliche Nähe "der ganzen Weltkirche" spüren lassen. Die Christen in der Türkei seien eine kleine Minderheit, die jeden Tag mit Herausforderungen konfrontiert werde.
'Habt keine Angst', 'Ich bin bei Euch'
Benedikt XVI. rief dazu auf, nach dem Beispiel Marias Gott zu loben, auch „wenn wir durch Schwierigkeiten und Gefahren geprüft werden". In diesem Zusammenhang erinnerte der Papst auch an das „schöne Zeugnis" des katholischen Priesters Andrea Santoro, der im Februar in seiner Kirche im türkischen Trabzon erschossen worden war. Maria lehre, dass „die Quelle unserer Freude und unser einziger unerschütterlicher Halt Christus ist, und sie wiederholt uns seine Worte: 'Habt keine Angst', 'Ich bin bei Euch'."
Zugleich rief der Papst zum Gebet für Frieden unter den Völkern auf, insbesondere für die Bewohner des Landes, das von Christen, Juden und Muslimen gleichermaßen als „heilig" angesehen werde. „Friede für die gesamte Menschheit", rief Benedikt XVI. aus. Die Kirche sei aufgerufen, nicht nur Verkünderin dieses universalen Friedens zu sein, sondern auch ihr „Zeichen und Werkzeug". Die Papst-Reise in die Türkei steht unter dem Motto: „Christus ist unser Friede."
Pilgerort für Hunderttausende
Hunderttausende Pilger besuchen jährlich das "Meryem Ana Evi", das als das Wohnhaus Marias verehrt wird. Die frühchristliche Bedeutung der Region macht die Tatsache deutlich, dass in Kleinasien alle acht großen Konzilien des ersten Jahrtausends stattfanden: In Nizäa, Konstantinopel, Ephesus und Chalcedon wurde der christliche Glauben definiert. Papst Benedikt XVI. ist der dritte Papst, der Ephesus besucht: Papst Paul VI. besuchte "Meryem Ana Evi" am 26. Juli 1967 und bestätigte seine Echtheit. Papst Johannes Paul II. besuchte es am 30. November 1979. Jedes Jahr am 15. August findet ein Gedenkgottesdienst statt.
Seit dem Jahr 1950 ist es Dogma der Katholischen Kirche, dass Maria leiblich in den Himmel aufgenommen wurde. Wo aber die Gottesmutter ihre Lebenstage nach dem Kreuzestode ihres Sohnes verbrachte, wissen wir nicht sicher. Schon der hl. Bischof Ephiphanios, der selber lange Jahre in Palästina verbrachte, konnte um das Jahr 400 nur schreiben: "Ist sie gestorben? Wir wissen es nicht ... Niemand kennt ihr Ende". Die fromme Überlieferung nannte bis zum Hochmittelalter nur Jerusalem als Sterbeort Mariens. In der Sionskirche wurde ihr Heimgang verehrt und das Fest Mariä Heimgang bzw. Mariä Entschlafung zum ersten Mal gefeiert. Die in der Kreuzfahrerzeit mehrfach völlig zerstörte Kirche wurde erst wieder aufgebaut, als sich Kaiser Wilhelm II. 1898 diesen Platz von Sultan Abdul Hamid schenken ließ und ihn dann den deutschen Katholiken übergab. Im Beisein von über 7.000 deutschen Pilgern, darunter zwei Prinzen von Bayern, wurde die neu erbaute Kirche eingeweiht.
Im 12. Jahrhundert aber wird im Westen zum ersten Mal das kleinasiatische Ephesus als Sterbeort Mariens erwähnt. Patriarch Michael der Syrer vertritt diese Ansicht, da in den verstümmelt erhaltenen Konzilstexten von Ephesus aus dem Jahre 431 vom Theologen Johannes und der jungfräulichen Gottesmutter die Rede ist. Erst im 19. Jahrhundert berichtet wieder die 2004 selig gesprochene deutsche Seherin Katharina von Emmerich in ihren, von Clemens von Brentano niedergeschriebenen Visionen, Maria habe in Ephesus gelebt und sei hier gestorben. Französische Lazaristenpatres haben lange nach dem Tode der Seherin an Ort und Stelle gesucht und 1891 ein Haus und ein Kirchlein ausgegraben, dessen Fundamente auf das erste Jahrhundert nach Christus zurückgehen.
Heute sind die Ruinen der alten Stadt Ephesus Ziel vieler Türkeireisender. Österreichische Archäologen haben die untergegangene Stadt freigelegt, deren Theater und Bibliotheken, Säulengänge und Tempel beeindrucken. Der heilige Paulus hat hier gepredigt und den Zorn der Silberschmiede erregt, die Angst um den Verkauf ihrer heidnischen Souvenirs hatten. Aber es sind nur wenige Besucher, die auch zum 420 Meter hohen Ala Dagh fahren, wo sich das Heiligtum Meryemana befindet, was auf Türkisch "Mutter Maria" bedeutet. Hier steht das restaurierte Haus, das die Lazaristen vor über 100 Jahren auf Grund der Angaben der stigtmatisierten Nonne und Seherin aus Dülmen in Westfalen fanden. Eine gute Autostraße windet sich in Serpentinen den Berg hoch und führt zu dem bescheidenen Wallfahrtsort. Ein schmuckloses einfaches Gebäude unter Bäumen ist alles, was zu sehen ist. Schmucklos und einfach ist auch das Innere. Eine Marienstatue auf dem Altar erinnert an die Gottesmutter, die hier ihre letzten irdischen Tage verbrachte, ehe sie ihr göttlicher Sohn heimholte in sein himmlisches Reich.
Papst Benedikt wird im Haus Mariens auch an seine bayerische Heimat erinnert werden, denn seit einigen Jahren hängt eine Ikone links vom Altar, die auf Gebetsbildchen in über einem Dutzend Sprachen von den Pilgern als Andenken mitgenommen wird. Nur wenige wissen, dass eine Benediktinerin Nur wenige wissen, dass eine Benediktinerin von Frauenchiemsee, die 2004 verstorbene, aus dem Egerland gebürtige Schwester Ampelia dieses Bild malte.
Höhepunkt der viertägigen Reise Benedikt XVI. ist am Donnerstag die Teilnahme am orthodoxen Andreas-Fest sowie ökumenische Gespräche. Der erste Besuchstag des Papstes am Montag im Ankara stand im Zeichen politischer Begegnungen. Unter anderen traf er mit Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer und dem Präsidenten der Religionsbehörde Ali Bardakoglu zusammen.
domradio überträgt in Zusammenarbeit mit Radio Vatikan sowohl die Messfeier in der Meryem-Ana-Evi-Kapelle in Ephesus als auch die Begegnung und das gemeinsame Gebet mit Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel.
Papst feiert Messe am Sterbeort Mariens
Benedikt XVI. macht Christen in der Türkei Mut
Am zweiten Tag seiner Türkei-Reise macht Benedikt XVI. Station in Ephesus, wo er eine Messe bei strahlendem Sonnenschein vor rund 500 geladenen Gästen, darunter auch 37 Deutsche aus Antalya feierte. In seiner Predigt ging der Papst auch auf die schwierige Situation der Christen in der Türkei ein. In Ephesus, wo das Artemis-Heiligtum als eines der Sieben Weltwunder von der antiken Bedeutung zeugt, verbrachte der Apostel Johannes seine letzten Lebensjahre und verfasste das vierte Evangelium. Die auch von Muslimen besuchte Wallfahrtskirche "Meryem Ana Evi" gilt als der Ort, an dem die Gottesmutter Maria ihre letzten Lebensjahre verbrachte. Am Nachmittag fliegt der Papst nach Istanbul weiter, wo abends eine erste Begegnung mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. vorgesehen ist. Lesen und hören Sie unsere Berichterstattung auf der Sonderseite.
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