26 Menschen sind tot, 20 Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren, fünf Bedienstete einer Grundschule in Newtown, Connecticut. Ermordet wurden sie von einem 20-Jährigen, der zunächst seine Mutter umbrachte und dann an die Schule fuhr. Ein Verbrechen, das auch Dominikus Schwaderlapp "fassungslos" macht, wie er am Samstagmorgen im Interview mit domradio.de sagt. Erst wenig vorher hat der Kölner Weihbischof in der Tageszeitung von der Tragödie in den USA erfahren.
Dass sich in Situationen wie dieser die Frage stelle, wie Gott das alles zulassen konnte, versteht der Kirchenmann nur gut. Beantworten könne er sie aber auch nicht. "Wir haben nicht auf jede Frage eine Antwort." Nur so viel sei sicher: "Mit Gott wird es erträglich." Gott könne Menschen, die ein solches Leid erfahren - die Freunde, Bekannten und Verwandten der Opfer - "auffangen". Bei ihm könnten sie Halt finden.
Die Aufgabe Geistlicher sei es, zuzuhören und mitzufühlen, so Schwaderlapp. Das gelte auch für die, an die sich die Menschen in den USA wenden. Jetzt könne es nicht um "billigen Trost" gehen.
Trauma-Experte: Verstoß gegen Lebensgesetze
Christian Lüdke ist Psychotherapeut in Essen. Er ist spezialisiert auf die Behandlung von Trauma-Patienten, er hat schon die Hinterbliebenen der Opfer des Amoklaufs von Erfurt betreut. Auch hier starben unschuldige Schüler.
Der Psychologe lernte damals: Viele Worte helfen den Angehörigen in der Phase der ersten Trauer nicht. Hier gehe es vor allem darum, "als stabile Person da zu sein und Trost zu spenden". Wenn Eltern auf diese Art und Weise Kinder verlieren, würde gegen zwei Lebensgesetze verstoßen: Die Kinder seien vor den Eltern und nicht eines natürlichen Todes gestorben. "Dann kann man nur dabei helfen, eine Orientierung zu finden."
Kinder, die eine solche Tragödie erlebt haben, würden "schlagartig erwachsen", so Lüdke. Die Kindheit sei dann zwar vorbei, das Leben aber nicht vorüber. Aus diesen Kindern reiften sehr schnell Menschen, die sehr achtsam in ihrem Leben sind.
"Glaube hilft, Halt zu finden"
Der Glaube an einen "liebenden Gott zum Anfassen" helfe Menschen, hat Lüdke beobachtet. "Religion heißt, darauf zu vertrauen, dass alles einen Sinn ergibt und die Erfahrung zu machen, mitgetragen zu werden."
Die Diskussion über eine Verschärfung von Waffengesetzen hält Lüdke für eine oberflächliche, sie ändere nichts an den eigentlichen Ursachen. Der Amokläufer von Newtown habe mit seiner Tat offenbar seine eigene Einsamkeit und Ohnmacht gespiegelt. Noch wichtiger als neue Gesetze seien deshalb Investitionen in die Bildung von Kindern – auch und vor allem die des Gewissens: "Wir müssen dafür sorgen, dass aus Kindern stabile Menschen werden."
Papst schreibt Telegramm
Auch Benedikt XVI. hat sich bestürzt über das Schulmassaker in den USA gezeigt. Der Papst verspüre große Trauer angesichts des schockierenden und sinnlosen Ereignisses, zitierte die Diözese Bridgeport am Samstag aus einem Telegramm des Kirchenoberhaupts zum Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown.
"Ich bitte zu Gott unserem Vater, dass er alle Trauernden tröstet und die Gemeinschaft mit seinem Geist stärkt. Gewalt lässt sich besiegen durch die Kraft des Vergebens, der Hoffnung und der Liebe", so der Papst wörtlich.