Göring-Eckardt legt EKD-Spitzenamt nieder

KGE für die Grünen

Katrin Göring-Eckardt will sich ganz auf die Parteiarbeit konzentrieren und legt ihr Leitungsamt bei der Evangelischen Kirche nieder. Sie sehe für sich die Aufgabe, "mit ganzer Kraft" an der künftigen Entwicklung ihrer Partei mitzuwirken.

Autor/in:
Corinna Buschow und Tanja Tricarico
Katrin Göring-Eckardt (dpa)
Katrin Göring-Eckardt / ( dpa )

Nach dem schlechten Ergebnis der Grünen bei der Bundestagswahl dreht sich das parteiinterne Personalkarussell. Jürgen Trittin, Renate Künast, Claudia Roth: Sie alle sehen sich in der Verantwortung für das Wahldebakel. Die alte Riege tritt nun ab. Für Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt könnte das die Chance sein, eines der wichtigsten Ämter in der Partei zu erreichen. Die profilierte Protestantin kandidiert für den Fraktionsvorsitz - und legte am Donnerstag schon einmal ihr Präsesamt an der Spitze der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nieder.

Für einen Neuanfangen bei den Grünen

Die 47 Jahre alte Göring-Eckardt will für den Aufbruch stehen, für die Verjüngung ihrer Partei und für einen Neuanfang. Veggie-Day, Steuererhöhungen, Pädophilie-Debatte: Diese Themen dominierten den Wahlkampf. Klassische Öko- und Sozialpolitik, die die Grünen erfolgreich gemacht hatte, wurde in den Hintergrund gedrängt. Dass sie am missglückten Wahlkampf nicht unschuldig ist, hat auch die Realo-Politikerin zugegeben. Einer Analyse wolle sie nicht im Wege stehen, betont sie. Anders als Trittin, ebenfalls ehemaliger Spitzenkandidat, wollte sie jedoch auf eine Kandidatur für den Fraktionsvorsitz nicht verzichten.

Göring-Eckardt kam über die kirchliche Widerstandsbewegung in der DDR in die Politik. Geboren im thüringischen Friedrichroda hat sie in Leipzig evangelische Theologie studiert. 1989 war sie bei "Demokratie jetzt" und "Bündnis 90" engagiert. Später gehörte sie dem thüringischen Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen an, ehe sie 1998 als Abgeordnete in den Bundestag einzog. 2005 wurde sie schließlich Bundestagsvizepräsidentin und übte dieses Amt auch in der zu Ende gegangenen Legislaturperiode aus.

Seit 2009 Vorstand der EKD-Synode

Kirchliches und politisches Engagement hat sie seit jeher eng miteinander verbunden. Seit 2009 stand Göring-Eckardt dem Parlament der EKD, der Synode, als Präses vor. Dieses Amt ließ sie ruhen, nachdem sie im November 2012 von den Grünen als Spitzenkandidatin nominiert worden war. Einigen konservativen Protestanten ging das damals schon nicht weit genug, sie wünschten sie einen kompletten Rückzug Göring-Eckardts von der Synodenspitze, um Konflikte mit parteipolitischem Engagement auszuschließen.

Am Donnerstag schließlich, zwei Tage nach der Bewerbung für den Fraktionsvorsitz, gab sie ihren Rückzug als Synodenpräses bekannt. Sie sehe für sich die Aufgabe, "mit ganzer Kraft" an der künftigen Entwicklung ihrer Partei mitzuwirken, erklärte sie. Bis zur Neuwahl eines Synodenpräses durch das Kirchenparlament Anfang November werden die beiden Vizepräsides Günther Beckstein und Klaus Eberl die Aufgaben wahrnehmen, wie die EKD mitteilte.

Göring-Eckardt bleibt im Kirchenparlament

Als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl hatte die Grünen-Politikerin seit November 2012 das Präsesamt ruhen lassen. Zu ihrer Entscheidung sagte Göring-Eckardt: "Ich bin dankbar für das engagierte Zusammenwirken von Synode, Kirchenkonferenz und Rat. Gemeinsam konnten wir viel bewirken." Es gehöre aber zu ihrem Selbstverständnis, anvertraute Ämter und Aufgaben mit ganzer Kraft auszufüllen. "Daher lege ich mein Amt als Präses der Synode mit sofortiger Wirkung nieder", ergänzte die 47-jährige Thüringerin. Als Mitglied des Kirchenparlamentes wolle sie weiter an der Zukunft der evangelischen Kirche mitarbeiten.

Göring-Eckardt ist seit vielen Jahren auch beim Deutschen Evangelischen Kirchentag engagiert, verantwortete 2010 das Protestantentreffen in Dresen als Präsidentin. Und auch die Arbeit in den Gemeinden ist der Mutter von zwei Söhnen bestens vertraut. Ihr Mann, inzwischen im Ruhestand, war Pfarrer in Ingersleben bei Erfurt.

Sie gilt als versöhnlich und besonnen. Als im vergangenen Jahr das Amt des Bundespräsidenten 2012 neu zu besetzen war, wurde Göring-Eckardt sogar als mögliche Kandidatin gehandelt. Im März 2012 wurde jedoch mit großer Mehrheit Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten gewählt.

Ihre Nominierung um den Spitzenposten in der Grünen-Fraktion indes wird zur Kampfkandidatur. Die Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae will sich ebenfalls um das den Realos zustehende Amt bewerben, wie ihr Büro bestätigte. Für das linke Lager der Grünen ist Anton Hofreiter im Gespräch. Wieviel Unterstützung Göring-Eckardt für ihre Bewerbung erhält, wird sich erst am 8. Oktober zeigen. Dann sollen die Fraktionsvorsitzenden gewählt werden.

Göring-Eckardt, die zur Zeit der rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) die Sozialkürzungen im Zuge der Agenda 2010 verteidigte, wirbt heute für soziale Gerechtigkeit. Sie trete für mehr Zusammenhalt, eine "bessere Gesellschaft" ein, hat sie während des Wahlkampfs immer wieder betont. Von Menschen, die Transferleistungen erhalten, könne die Gesellschaft viel lernen, sagt sie. Mit ihrem Aufstieg an die Spitze der Partei könnte grüne Sozialpolitik wieder ein stärkeres Gewicht bekommen.


Quelle:
epd