Kardinal Marx weist Vorwürfe gegen Kirche bei Weltbild-Insolvenz zurück

"Bischöfe können keine Unternehmer sein"

Nach dem Insolvenzantrag von Weltbild hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx Vorwürfe gegen die Kirche zurückgewiesen. Die Kirche werde die um ihre Arbeitsplätze bangenden Beschäftigten aber nicht im Stich lassen.

 (DR)

"Wir konnten es als Gesellschafter nicht verantworten, auf absehbare Zeit dreistellige Millionensummen aus Kirchensteuermitteln zu investieren", sagte Marx am Sonntag der "Süddeutschen Zeitung" (Online). "Wir sind kein skrupelloser Unternehmer, der die Mitarbeiter einfach davonjagt." Am Freitag hatte der zweitgrößte deutsche Buchhändler in Augsburg überraschend Insolvenz angemeldet. Die Verlagsgruppe gehört der katholischen Kirche.

Der Münchner Erzbischof verteidigte die Entscheidung der Gesellschafter, über die bereits zugesagten 65 Millionen Euro hinaus keine weiteren Millionen zur Sanierung der Verlagsgruppe bereitzustellen. "Wir sind überrascht worden von dem Kapitalbedarf, den uns die Geschäftsführung vergangene Woche nannte." Dieser sei mehr als doppelt so hoch gewesen als bisher bekannt und hätte von den Gesellschaftern kurzfristig aufgebracht werden müssen. Zudem seien die weiteren Geschäftsprognosen "vage und Folgekosten nicht absehbar". Die Kirche habe nicht nur Verantwortung für die Weltbild-Mitarbeiter, sondern auch für die Kirchensteuerzahler.

Umfangreiche Hilfen in Aussicht 

Der Kardinal stellte den Angestellten der Verlagsgruppe umfangreiche Hilfen seitens der Bistümer in Aussicht. Er könne sich ein Engagement in dem Umfang der zunächst für eine Sanierung zugesagten Mittel vorstellen, erklärte Marx. "Aber zunächst muss sich der Insolvenzverwalter einen Überblick verschaffen und den tatsächlichen Bedarf ermitteln." Der Kardinal nahm auch Stellung zur Kritik der Gewerkschaft ver.di. Diese hatte den Gesellschaftern vorgehalten, jahrelang mit Weltbild gut verdient zu haben und das Unternehmen jetzt "zum Teufel zu jagen". Marx: "Wir haben in den letzten Jahren jeden Euro Gewinn in das Unternehmen reinvestiert, zudem haben die Gesellschafter immer wieder zusätzlich Geld zur Verfügung gestellt." Es sei richtig gewesen, am kirchlichen Engagement bei Weltbild so lange festzuhalten. "Wir wollten nicht zu früh aufgeben."

Bischöfe könnten keine Unternehmer sein, sagte Marx. "Deshalb wollten wir ja auch zügig mit einer Stiftung eine neue Gesellschafterstruktur schaffen und professionelle Medienexperten von außen als unabhängige operativ Verantwortliche verpflichten." Dazu sei es aber leider nicht mehr gekommen.

Bayerische Staatsregierung macht Weltbild-Pleite zum Thema
Die Weltbild-Pleite wird am Montag auch das bayerische Kabinett beschäftigen. Das kündigte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Wochenende in Augsburg an. Der Freistaat werde sich für die Mitarbeiter und deren Familien einsetzen. "Von Bürgschaften bis zu Überbrückungen" sei alles möglich, allerdings müssten "Konzepte dahinterstehen", sagte Seehofer dem Bayerischen Rundfunk. Der CSU-Chef äußerte sich zuversichtlich zu den Zukunftschancen des Unternehmens, dem die Zahlungsunfähigkeit droht. Der vom Gericht bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz stehe dafür, dass "eher Gestaltung angesagt ist und nicht Zerstörung".

Ebenfalls am Wochenende befasste sich ein vom Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) einberufener Runder Tisch mit der Weltbild-Krise. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di waren sich alle Beteiligten einig, dass nur eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens Ziel des Insolvenzverfahrens sein könne. "Wir fühlen uns in unserer Position gestärkt, dass Weltbild eine Zukunft hat, wenn jetzt alle an einem Strang ziehen", sagte Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz.

An der mehrstündigen Unterredung nahmen Betriebsräte, Gewerkschafter sowie Vertreter der lokalen Wirtschaft und der Agentur für Arbeit teil. Seehofer und die Gewerkschafter appellierten an die kirchlichen Eigentümer, ihre Verantwortung für die Beschäftigten wahrzunehmen.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Insolvenzantrags hatte der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa eine umfassende Unterstützung zugesagt. Seine Diözese werde Hilfen für die Mitarbeiter "solidarisch und auch materiell mittragen". Auch Weltbild-Aufsichtsratschef Peter Beer versprach, die Gesellschafter wollten nun soziale Härten abfedern.

Verbindlichkeiten in dreistelliger Millionenhöhe

Vor Weihnachten hatten die Eigentümer eine Liquiditätshilfe von 65 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Diese Zusage war am Donnerstag zurückgezogen worden. Laut Beer hat sich der prognostizierte Kapitalbedarf mittlerweile mehr als verdoppelt. Einen derart hohen Betrag aus Kirchensteuermitteln aufzuwenden, hätten die Eigentümer nicht verantworten können, so der Münchner Generalvikar. Zudem bestünden weiter Risiken, ob sich Weltbild auch nach einer Umstrukturierung auf dem Markt behaupten könne.

Dazu kommen laut Beer Verbindlichkeiten in dreistelliger Millionenhöhe, die selbst bei einer erfolgreichen Neuaufstellung von Weltbild zusätzlich abzubauen wären. Mehrere große Zeitungen bezifferten den aktuellen Schuldenstand des Medienhandelshauses am Wochenende auf 190 Millionen Euro.

Weltbild gehört zwölf deutschen Bistümern, der Katholischen Soldatenseelsorge Berlin und dem Verband der Diözesen Deutschlands. 2012 setzte das Unternehmen nach eigenen Angaben 1,6 Milliarden Euro um.


Ein Weltbild gerät ins Wanken (dpa)
Ein Weltbild gerät ins Wanken / ( dpa )
Quelle:
KNA