domradio.de: Seit langem wird im Erzbistum Köln über die optimale Struktur von Gemeinden, Pfarreien und Seelsorgebereichen nachgedacht. Jetzt gibt es auch noch größere "Sendungsräume" wo ein Pfarrer für mehrere Seelsorgebereiche ernannt wird.
Cornel Hüsch (stellvertretender Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken im Erzbistum Köln): Wir haben von Kirchengemeinden zu Pfarrgemeinden gewechselt, diese in viel größere Seelsorgebereiche mit 20.000 Seelen umgewandelt und nun kommen noch Sendungsbereiche mit 50.000 Seelen und mehr dazu. Wie soll da eine wirksame, auf Laien gestützte Arbeit möglich sein? Da stellen sich viele dieselben Fragen: Wie können wir die Verbindung zu unserem Glauben halten? Wie werden wir mit unseren Seelsorgern umgehen? Und wie werden zukünftig die Leitungsfragen in den einzelnen Pfarreien beantwortet?
domradio.de: Und da sind wir schon bei einer konkreten Forderung. Sie sagen ja, warum nicht mehr Laien in die Leitung?
Hüsch: Ja, das ist ganz wichtig. Wir verstehen uns nicht als Notnagel oder letzte Hilfe. Sondern wir möchten, dass mit den neuen Gemeinden auch die Verantwortung von Männern und Frauen in der Kirchenleitung klarer wird. Wir setzen uns dafür ein, dass wir über partizipatorische Leitungsmodelle nachdenken, wo eben auch erfahrene Männer und auch Frauen die Leitung mit übernehmen können und vielleicht auch an vielen Stellen die Leitung alleine haben.
domradio.de: Welche Aufgaben in der Gemeindeleitung könnten aus Ihrer Sicht Laien übernehmen?
Hüsch: Unverrückbar ist, dass für den Mittelpunkt und das Zentrum – die Eucharistie – weiterhin ein geweihter Priester notwendig sein wird. Das ist eine Stelle, bei der wir selbstverständlich die Rolle der Priester sehen. Die meisten anderen Funktionen, die erfüllt werden müssen von der Verwaltung, Personalverwaltung über unterstützende Maßnahmen – das können selbstverständlich auch Laien als Leitung wahrnehmen. Aber auch Erstgespräche mit Gläubigen, die Hilfe und Halt suchen, können von Laien durchgeführt werden. Nicht nur die Frage, ob Beerdigungsfeiern auch würdig von Nichtgeweihten durchgeführt werden können, spielt hier eine Rolle, sondern auch der Gottesdienst und die seelsorgerische Begleitung von Männern und Frauen in Not und Sorge.
domradio.de: Vor zwei Jahren haben Sie schon den "Geistlichen Weg der Erneuerung" gemeinsam begonnen. Was hat sich denn in den zwei Jahren getan und was fehlt da noch?
Hüsch: Also zunächst einmal haben wir vor zwei Jahren eine große Öffnung und auch eine große Hoffnung verspürt – auch mit Papst Franziskus, der viele Impulse in die Kirche gegeben hat. Er macht es in vielen Dingen vor, von alten Strukturen das über Bord zu werfen, was lähmt und hemmt und neue Wege zu gehen zu den Menschen an die Rändern der Gesellschaft. Das ist unser gemeinsames Ziel, unser gemeinsamer Weg, den wir mit dem Erzbischof von Köln gemeinsam auch intensiv gehen wollen.
Wir möchten nur Klarheit auch bei der Frage, wie es weitegehen soll mit der Größe der Gemeinden und den Seelsorgebereichen. Wir sehen uns da an eine Belastungsgrenze gekommen und da muss man auch offen und ehrlich drüber nachdenken. Nicht überall da, wo ein Priester ist, ist Gemeinde, sondern wo Christen der frohen Botschaft folgen und sich für Menschen einsetzen, da ist Gemeinde. Und so wollen wir unser Erzbistum auch denken und auch strukturieren, dass wir von unten nach oben das Bistum neu denken und mit den Menschen, die wir haben gestalten.
domradio.de: Wie sehen Sie Ihre Chancen, dass Sie Ihre Ideen auch verwirklichen können?
Hüsch: Bisher haben wir den Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki, als einen außerordentlich aufmerksamen Zuhörer erlebt. Wir möchten jetzt mit ihm gemeinsam handeln.
Das Interview führte Heike Sicconi.