Zur bleibenden gesellschaftlichen und persönlichen Verantwortung für die Grundprinzipien der freiheitlichen und demokratischen staatlichen Ordnung haben sich Vertreter von Religionen, gesellschaftlichen Gruppen und Politik in Nordrhein-Westfalen anlässlich des 75. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 bekannt.
Für die katholischen (Erz-)Bistümer unterzeichnete Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki eine entsprechende gemeinsame Erklärung, in der es heißt: "75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz nimmt der Antisemitismus in unserem Land erneut zu. Dieser Entwicklung, aber auch der Diskriminierung anderer Religionen, dem Fremdenhass und dem Rassismus stellen wir uns sowohl auf gesellschaftlicher Ebene als auch in unseren eigenen Reihen entschieden entgegen." Die Erfahrung des Holocaust lehre, "dass wir bereits den Anfängen wehren müssen und nie wieder zulassen dürfen, dass in unserer Gesellschaft Minderheiten aufgrund von Religion, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung oder sonstigen Merkmalen diskriminiert werden."
Mit Worten kaum zu beschreiben
Was die russischen Soldaten vor 75 Jahren in Auschwitz vorgefunden hätten, lasse sich mit Worten kaum beschreiben. "Die deutschen Gräueltaten der Jahre 1933 bis 1945 und die Verbrechen des Holocaust erschüttern uns und die ganze Welt bis heute. Immer wieder fragen wir uns, wie es möglich war, dass in unserem Land zunächst jüdische Gotteshäuser geschändet und niedergebrannt, dass Menschen aus der Mitte der Gesellschaft verprügelt, gedemütigt, eingesperrt, schließlich aus Deutschland und ganz Europa in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurden." Die aus dieser Zeit erwachsende Verantwortung der Nachgeborenen "gehört zum Grundkonsens der Bundesrepublik Deutschland und verpflichtet alle Menschen, die in unserem Land leben – egal, ob sie hier geboren wurden oder zu uns gekommen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben." Es dürfe daher nicht weggesehen werden, "wenn Menschen aus der Mitte unserer Gesellschaft wegen ihrer Religion oder ihrer Herkunft diskriminiert, benachteiligt oder bedroht werden, wenn Hass gesät, die Gesellschaft entzweit wird und Gruppen gegeneinander aufgebracht werden". Der gemeinsame Einsatz gelte dem Minderheitenschutz, der Achtung der Menschenwürde und der Stärkung der demokratischen und freiheitlichen Ordnung des Landes.
Die weiteren Unterzeichner der gemeinsamen Erklärung von Religionen und gesellschaftlichen Gruppen in Nordrhein-Westfalen sind Präses Annette Kurschus für die evangelischen Landeskirchen, Metropolit Augoustinos für die Orthodoxe Bischofskonferenz, Dr. Zekeriya Altuğ für den Koordinationsrat der Muslime, Abraham Lehrer für die jüdischen Landesverbände, die Antisemitismusbeauftragte des Landes Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Anja Weber für den Landesbezirk des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Arndt Günter Kirchhoff für die Landesvereinigung der Unternehmensverbände und Ministerpräsident Armin Laschet.