Eine christliche Weihnachtsbotschaft auf ihren U-Bahnen und Bussen - den Washingtoner Verkehrsbetrieben geht das entschieden zu weit. Also lehnten sie den Auftrag des katholischen Erzbistums Washington ab, ihre Fahrzeuge mit dem Slogan zu versehen: "Finde das richtige Geschenk". Was für die Kirche ein harmloser Satz ist, überschreitet für die Stadtbediensteten eine Grenze.
Dabei ließe sich bei dieser Aktion mit gutem Willen gewiss ein Kompromiss finden. Doch der ist Verdächtigungen gewichen, seit rechte Evangelikale Jahr für Jahr dazu aufrufen, den angeblichen "Krieg gegen Weihnachten" zu beenden.
Christ oder nicht?
Dass dieser Krieg stattfindet, dafür haben sie zahlreiche Indizien: Kaffeebecher, deren Pappe mit den aus ihrer Sicht falschen Botschaften bedruckt ist; Weihnachtskarten, auf denen das Wort "Christmas" nicht mehr vorkommt; und ein Weihnachtsgruß, der politisch korrekt "Glückliche Festtage" lautet.
Schon im Wahlkampf hatte Donald Trump klar zu erkennen gegeben, wo er steht. Er werde wieder "Fröhliche Weihnachten" sagen, versprach er seinen Landsleuten. Die sind zwar mehrheitlich Christen; die Zahl der Anders- oder Nichtgläubigen nimmt aber kontinuierlich zu.
Tradition und Konsum
Die Katholiken gerieten im Fall des Streits um die Beschriftung von Bus und Bahn zwischen die Fronten. Stein des Anstoßes war für die Verkehrsbetriebe ein Sternenhimmel, unter dem drei Hirten zwei Schafe hüten. Das Bild, das den Schriftzug ergänzen sollte, sei eindeutig ein Weihnachtsmotiv, befand die Agentur, die für die Metro Werbefläche auf dem Fuhrpark verkauft. Jetzt klagt die katholische Kirche gegen das Verbot. Die Anwälte der Erzdiözese fahren schweres Geschütz auf und argumentieren mit der in der Verfassung garantierten Meinungs- und Religionsfreiheit.
Wie verbissen der Kampf über die Deutungshoheit der Feiertage ausgetragen wird, zeigt auch der Fall Starbucks. Der Kaffeeröster sieht sich derzeit dem Vorwurf ausgesetzt, die Motivwahl seiner legendären Weihnachtsbecher sei ein Angriff auf die Weihnachtstradition der Christen. Seit 20 Jahren kreiert Starbucks die Tassen zum Fest. In diesem Jahr findet sich darauf ein klassischer Weihnachtsbaum - verbunden mit der Botschaft, Weihnachten bedeute für jeden etwas anderes.
Boykottaufruf
Ein Grund für die Evangelikalen, gegen die Tasse Sturm zu laufen. Ein Boykottaufruf des protestantischen Fundamentalisten Joshua Feuerstein gegen den Becher brachte ihm binnen kurzer Zeit 17 Millionen Klicks ein. Viele US-Amerikaner haben das Gefühl, dass der Vorweihnachtszeit durch Streitereien wie diese ein Teil ihres Zaubers genommen wird.
Mit sicherem Instinkt für Kontroversen mischt auch Präsident Trump erneut mit und frohlockt, "endlich wieder 'Merry Christmas' sagen zu dürfen". Geflissentlich übersieht er dabei, das der "Happy Holidays"-Gruß schon seit mehr als 100 Jahren gebräuchlich ist. Auch aus Rücksicht gegenüber Angehörigen anderer Glaubensrichtungen, von denen einige, etwa die Juden mit ihrem Chanukka- und die Afro-Amerikaner mit ihrem Kwanzaa-Fest, ihre Feiertage um das christliche Weihnachten herum begehen.
Nase voll
Evangelikales Meckern erzeugt Gegenreaktionen - die auch wieder seltsame Blüten treiben. So setzte die Bürgerrechtsbewegung "American Civil Liberties Union" im Bundesstaat Indiana vor Gericht durch, dass das Kreuz auf dem offiziellen Weihnachtsbaum der Stadt entfernt werden musste.
Trump seinerseits hat offenbar die Nase voll von den widerspenstigen Kaffeeröstern aus Seattle. In wenig adventlicher Laune kündigte er an, der Starbucks-Filiale in seinem Trump-Tower von Manhattan den Mietvertrag kündigen zu wollen. Na dann frohe Festtage.