KNA: Frau Eberl, wie bewerten Sie die Familiensynode 2014 im Rückblick?
Eberl: Es war großartig. Und das lag vor allem daran, dass der Papst gesagt hat: Hier soll frei und offen gesprochen werden und hier soll einander zugehört werden. Dabei hat er sich selbst klugerweise zurückgehalten. Die Vielfalt dessen, was die Kirchenvertreter aus aller Welt mitgebracht haben, hätte nicht größer sein können.
KNA: Sie waren dort als Zuhörerin, konnten aber auch selbst ein Statement abgeben. Wurde Ihnen zugehört?
Eberl: Ja. Ich konnte vier Minuten in der Synodenaula sprechen. Das war natürlich aufregend. Ich habe von der Situation erzählt, wie wir sie hier in Berlin vorfinden. Wir leben ja hier als Christen in der Minderheit. Zudem habe ich von dem berichtet, was wir anbieten, etwa für Menschen in Trennung und Scheidung. Und dass diese Angebote auch von Menschen genutzt werden, die nicht kirchlich gebunden sind. Wichtig war mir der Appell, dass wir zuerst ins Wohnzimmer der Familien und nicht ins Schlafzimmer schauen sollen. Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn kam dann in der Pause gleich auf mich zu und meinte, er glaube, dass es genau in die Richtung gehen müsse.
KNA: Jetzt stehen wir vor der nächsten Familiensynode. Wie sind Ihre Erwartungen?
Eberl: Ich habe die Synode nicht als theologisches Oberseminar erlebt. Und auch die bevorstehende Synode ist überfordert, wenn sie sich mit allen Fragen beschäftigt. Ich wünsche mir, dass der Geist von Papst Franziskus, dass seine Offenheit viel Platz hat. So wie er sich einfach hinstellt und allen Eltern zuruft "Ihr verdient den Nobelpreis, weil ihr es schafft in einem 24-Stunden Tag 48 Stunden unterzubringen. Das schafft nur die Familie, das schafft kein Mathematiker". Er sieht die Menschen. Von dieser Perspektive müssen wir auch ausgehen.
KNA: Viele Menschen - etwa die wiederverheirateten Geschiedenen - hoffen aber, dass sich konkret für sie etwas ändert.
Eberl: Da bin ich sehr gespannt, weil die Frage der Zulassung zu den Sakramenten für wiederverheiratete Geschiedene im vergangenen Jahr nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit bekam. Ich hoffe hier auf eine pastorale Lösung, so wie sie unsere Bischöfe vorgeschlagen haben. Und vielleicht sagt Franziskus ja, "probiert Euren Vorschlag aus. In einem oder zwei Jahren treffen wir uns wieder, und Ihr berichtet von den Erfahrungen".
KNA: Hat sich für Sie denn in den Monaten nach der Synode schon etwas verändert?
Eberl: Ja, auf die katholische Kirche in Deutschland bezogen würde ich das dick unterstreichen. Ich bin begeistert von der Vielfalt der Veröffentlichungen, die es mittlerweile gibt. Bisher standen manche Theologen, vor allem die Moraltheologen, unter einem Generalverdacht. Und die trauen sich jetzt wieder raus. Es ist diese Ermutigung, frei und offen zu sprechen. Was nicht heißen soll, dass sich morgen alles ändern muss.
KNA: Und wie zeigen sich Veränderungen konkret bei Ihrer Arbeit?
Eberl: Auch hier spüre ich diese Ermutigung des Papstes, frei und offen zu sprechen. Ohne Scheu oder falsche Scham von Brüchen und Enttäuschungen, von Verletzungen und Fehlern zu sprechen. Aber auch Hoffnungen und Erwartungen zu formulieren.
KNA: Wie werden Sie selbst die Synode verfolgen?
Eberl: Zum einen: im Oktober werde ich in Rom sein, weil unser Erzbistum auf Bistumswallfahrt geht, wir danken für 25 Jahre Bistumseinheit! Unser neuer Erzbischof wird auch in Rom sein, er gehört ja zu den Synodenteilnehmern. Ich bin schon gespannt, was er erzählen wird. Zum anderen werde ich hinhören, wie und ob die Fragen der Katholiken aus unseren Diözesen einen Widerhall finden in der Synode. Wir sind hier in Deutschland nicht der Nabel der Welt, aber genauso wie asiatische oder afrikanische Katholiken auf Resonanz in Rom hoffen, genauso hoffen wir auf Resonanz. Dass in bestimmten Teilen der Welt bestimmte Fragen anders angegangen werden als hier in Westeuropa, kann ja nicht heißen, dass wir unsere Fragen unter den Tisch fallen lassen.
Das Interview führte Birgit Wilke