domradio.de: Wenn wir nochmal zurückschauen: Es geht um eine eidesstattliche Falschaussage im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien. Gebucht und bezahlt war die komfortable Business-Class, geflogen ist er durch ein geschenktes Upgrade die luxuriöse Erste Klasse. Nun sagt der Bischof wörtlich in einem verdeckt aufgenommenen Interview des Spiegels: "Business-Class sind wir geflogen". Meint er, Herr Püttmann, damit nicht: Business Class haben wir bezahlt?
Püttmann: Wenn er das gemeint hat, dann hätte er das sagen müssen. Wenn Sie 100 Leute in Deutschland fragen, was es heißt, Business Class zu fliegen, dann werden Ihnen 99 oder 100 sagen: auf einem Business-Class-Platz zu sitzen. Also, solche Spitzfindigkeiten, dann noch zu sagen, naja, zum Business-Class fliegen gehören auch bestimmte Umbuchungsoptionen oder eine bestimmte Art der Gepäckverstauung, das ist doch wirklich nun Sophisterei. Also im allgemeinen Sprachverständnis heißt Business-Class fliegen auch in der Business-Class sitzen. Und das ist objektiv nicht der Fall gewesen und das hätte der Bischof dann spätestens im Nachgang seiner Interviewäußerung klarstellen müssen, aber das hat er nicht getan. Und er ist ja im Gegenteil sogar gegen den Spiegel juristisch vorgegangen
domradio.de: Das Gericht hat ja jetzt geurteilt, der Bischof hat gelogen. Deswegen auch die Auflage von 20 000 Euro. Ein Bischof, der der Lüge überführt wird, was bedeutet das denn für den Bischof jetzt selber? Oder vielleicht sogar für die katholische Kirche?
Püttmann: Das trifft die katholische Kirche ins Mark. Und es macht den Bischof im Grunde amtsunfähig. Denn die Wahrheit und die Wahrhaftigkeit und auch die Bewältigung von Schuld gehören zu den Kernkompetenzen der Kirche. Ich würde sagen, neben der Liebe ist die Wahrheit der Markenkern einer Kirche. Und wenn hier ein Bischof, ein herausragender Vertreter dieser Institution, keine reine Weste hat, sondern einer Falschaussage überführt wird und auch noch ein Jahr verstockt darin verharrt, statt also schleunigst das zu widerrufen und zerknirscht an die Öffentlichkeit zu gehen und um Verzeihung zu bitten, dann ist das für die Kirche der größte anzunehmende Unfall, das ist ein GAU. Und da muss ich wirklich sagen, hätte ich von Bischof Tebartz-van Elst doch mehr Kompetenz und, ich glaube auch die säkulare Öffentlichkeit und viele Gläubige, erwartet, damit umzugehen.
domradio.de: Was müssen denn die Verantwortlichen jetzt in der Kirche Ihrer Ansicht nach tun, um die Causa Limburg vom Tisch zu bekommen und den immensen Vertrauensverlust zu stoppen
Püttmann: Also, zunächst mal liegt natürlich die erste Verantwortung bei ihm selbst. Es reicht eben nicht, vor Gericht, wie die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, die Vorwürfe einzuräumen, was ja im Grunde nur ein juristisch-taktischer Schritt ist, damit ist die Sache moralisch keineswegs aus der Welt, sondern er müsste jetzt vor seinen Gläubigen treten und also in ehrlicher Zerknirschung bereuen, dass er es hier mit der Wahrheit nicht genau genommen hat. Das ist seine Verantwortung. Dann haben natürlich auch seine Mitbrüder eine Verantwortung, ihm dabei zu helfen. Da Reue auch eine tätige Reue sein muss, jedenfalls bei einem so lang anhaltenden Unrechtszustand, müsste er dann außerdem seinen Rücktritt zumindest anbieten. Dadurch verschafft er seiner Reue natürlich auch eine Glaubwürdigkeit. Und insgesamt muss die Kirche natürlich nach dem Missbrauchskandal und nach diesem Skandal alles daran setzen, durch vollständige Transparenz und durch Ehrlichkeit im Umgang mit der Öffentlichkeit, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Sie hat in Papst Franziskus hier wirklich einen hervorragenden Helfer und sie muss sich hinter diesem Papst versammeln, um ihr ramponiertes Image wieder aufzubessern. Es geht ja nicht um ihr Image als Institution eigentlich, sondern es geht um die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft.
Das Gespräch führte Tobias Fricke.