Die Bischöfe, das Geld und die Zukunft: Dienen (3)

Das Amt der Hirtenliebe

Welche Lehren kann Kirche aus der Causa Limburg ziehen? In Teil 3 von "Die Bischöfe, das Geld und die Zukunft" geht es um das Dienen. Der Dogmatiker Helmut Hoping über das Amt der Hirtenliebe, die Aufgaben eines Bischofs.

Der gute Hirte (KNA)
Der gute Hirte / ( KNA )

domradio.de: Der Bischof ist Hirte seines Bistums und hat das Lehramt inne. Welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus?

Helmut Hoping (Professor für Dogmatik in Freiburg): Er hat ja nicht nur das Lehramt inne, sondern auch die Leitung und den Heiligungsdienst, das sind die drei grundlegenden Dienste des Hirtendienstes des Bischofs. Und daraus ergibt sich das Anforderungsprofil eines Bischofs: Er ist Lehrer des Glaubens, er soll ein authentischer Lehrer und Zeuge des Glaubens sein. Daraus ergibt sich, dass im Hirtendienst des Bischofs zunächst die Verkündigung der Wahrheit des Evangeliums im Vordergrund steht und dann aufgrund seines Amtes das, was man die Hirtenliebe nennt, also das amores officium, das Amt der Hirtenliebe.

domradio.de: In seiner Stellungnahme hat Bischof Tebartz-van Elst gesagt, er sei als Bischof „Zeuge der Wahrheit“. Das ist ein hoher Anspruch an das Amt oder?

Hoping: Das ist ein hoher Anspruch, aber der ergibt sich schon aus dem, was in den entscheidenden Dokumenten zum Bischofsamt, etwa in der Kirchenkonstitution lumen gentium, im Bischofsdekret Christus Dominus und auch in dem großen 300 Seiten starken Direktorium für den Hirtendienst des Bischofs geschrieben steht. Da ist ganz klar die Rede davon, dass eben die Bischöfe als Nachfolger der Apostel Lehrer des Glaubens, Diener des Gottesdienstes und geistliche Führer sein sollen. Und beim Auftrag, Lehrer des Glaubens zu sein, geht es natürlich darum, nicht irgendetwas zu lehren, sondern eben den authentischen Glauben, d.h. die Wahrheit des Evangeliums und ihre Auslegung in der authentischen Überlieferung des Glaubens.

domradio.de: Welche Aufgaben sind es, die dem Bischof qua Amt zufallen?

Hoping: Zunächst einmal, dass er den Menschen Christus nahebringen muss. Er muss ein Zeuge Christi vor den Menschen sein, er muss zu den Menschen gehen, muss im Gespräch mit den Menschen sein. Aber er hat in diesem Gespräch auch die Wahrheit des Evangeliums zu verkünden und das natürlich auch in Verbindung mit einer entsprechenden Lebensform. Wenn Sie mich nach dem Profil des Bischofs vor dem Hintergrund der Diskussion um Limburg fragen, dann ist das eigentlich in den Dokumenten bis hinein ins kirchliche Gesetzbuch ganz klar geregelt, dass der Bischof als Zeuge Christi und der Wahrheit des Evangeliums ein bescheidenes Leben führen muss. Und im Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe ist sogar etwas ganz konkret zur Wohnung eines Bischofs festgehalten, die soll nämlich so eingerichtet sein, dass niemand sie als unzugänglich empfindet, dass sich niemand, der aus sehr einfachen Verhältnissen kommt, darin unwohl fühlt. Und ich glaube, das ist ein klares Kriterium, und da muss jeder Bischof wissen, wie er wohnt und wie er seine Wohnung ausstattet. Und wir wissen ja alle, dass im Fall Limburg nicht das ganze Bauensemble auf dem Limburger Berg das Problem war ‑ denn es werden in anderen Bistümern zig Millionen Euro mehr verbaut, das wissen wir ja alle ‑, sondern es war wohl eher die persönliche Wohnung und dann auch die Intransparenz und teilweise auch Kommunikationsunfähigkeit in diesem Bistum.

domradio.de: Haben Sie den Eindruck, dass sich in den letzten Jahren oder Jahrzehnten etwas geändert hat an dem Anspruch und dem Anforderungsprofil an einen Bischof, vielleicht auch durch Mediengegebenheiten?

Hoping: Ja, natürlich! Ein Bischof übernimmt ja ein Amt, das nach dem Papstamt sicherlich zu den schwierigsten in der katholischen Kirche gehört. Und er muss dieses Amt als Leiter einer Teilkirche ausüben, aber kann dieses Amt auch nur in der Einheit mit dem Haupt und den Gliedern des Bischofskollegiums ausüben und nicht unabhängig davon. Das heißt, es kann für einen Bischof und die Teilkirche, die er leitet, keine Sonderregel geben, was etwa die christliche Glaubenslehre, die Disziplin und auch die Morallehre der Kirche betrifft. Das ist natürlich ein Spagat, weil in einer säkularen Gesellschaft, die zum Teil von anderen Wertmaßstäben geprägt ist, natürlich schon ein ungeheures Maß an Mut dazugehört, die Wahrheit des Glaubens – gelegen oder ungelegen – zu verkündigen. Hier, denke ich, geben die Dokumente deutliche Hinweise, dass im Hirtendienst des Bischofs einiges zusammenkommen muss: Also er muss nicht nur ein mutiges Zeugnis geben, er muss zugleich pastoral klug handeln. Oft wird gesagt, es müsse ein Dienst in demütiger Weisheit sein, der in einer Paarung von Stärke und Klugheit ausgeübt wird. Und das ist unter den heutigen Bedingungen in einer Gesellschaft, die ja nicht mehr durchgehend christlich geprägt ist, sicherlich nicht mehr ganz so einfach.

Das Interview führte Matthias Friebe


Quelle:
DR