Der Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) zur sogenannten vertraulichen Geburt sieht vor, dass die Frauen nach der Geburt ihren Namen in einem Umschlag versiegeln lassen können. Nach einer Frist von 16 Jahren hat das Kind aber das Recht, den Namen seiner Mutter zu erfahren. Die Daten werden solange sicher beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufbewahrt.
Kirchen begrüßt Regierungspläne
Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und die Caritas begrüßen das geplante Gesetz zur vertraulichen Geburt. Darin werde sowohl die Notlage der Frau gesehen und ihrem Wunsch nach Vertraulichkeit Rechnung getragen als auch dem Recht des Kindes auf Kenntnis der Herkunft entsprochen, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher am Mittwoch anlässlich der Beratung des Gesetzentwurfs im Bundeskabinett. Mit dem Gesetz werde eine langjährige Forderung der katholischen Verbände erfüllt.
Die SkF-Bundesvorsitzende Anke Klaus betonte, betroffene Frauen brauchten die Begleitung einer Beraterin, zu der sie Vertrauen gefasst hätten. Daher sei es sinnvoll, wenn die Beratung über eine vertrauliche Geburt auch in der Schwangerschaftsberatungsstelle erfolge, in der bereits durch die Erstberatung eine Vertrauensbeziehung aufgebaut werden konnte. Dies ermögliche der Gesetzentwurf.
Caritas spricht sich für Erhalt der Babyklappen aus
Frauen, die anonym bleiben wollen, soll damit die Angst genommen werden, bei einer Geburt im Krankenhaus ihre Daten offenlegen zu müssen. Bisher gibt es für sie die Möglichkeit, das Kind nach der Geburt in einer Babyklappe abzulegen oder in einem Krankenhaus anonym zur Welt zu bringen. Beide Angebote sind umstritten und es fehlt dafür eine klare gesetzliche Grundlage. Der Caritasverband für das Erzbistum Berlin und das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hatten sich zuletzt jedoch für den Erhalt von Babyklappen ausgesprochen. Babyklappen böten Schwangeren einen Ausweg in einer extremen Notsituation und hätten deshalb ihre Berechtigung, erklärte Caritas-Direktorin Ulrike Kostka. Die Einrichtungen in katholischen und evangelischen Krankenhäusern müssten deshalb bestehen bleiben.
Diakoniedirektorin Susanne Kahl-Passoth betonte, die Möglichkeit zur anonymen Geburt sei entscheidend. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass Frauen die Möglichkeit zur Anonymität brauchen, um sich den Sozialarbeiterinnen und Seelsorgern in den Krankenhäusern anzuvertrauen“, so Kahl-Passoth. Zudem müsse es für die Mitarbeiter der Krankenhäuser Rechtssicherheit geben.
Weiter heißt es in dem Schreiben, es gebe weder eine perfekte Lösung noch könnten alle Frauen in ihrer individuellen Notlage erreicht werden. „Aber: Wir wollen nicht, dass Frauen alternativlos ihre Kinder in Angst allein zur Welt bringen, um sie in Toiletten oder an Haltestellen schutzlos abzulegen.“
Neues Gesetz soll im Mai 2014 in Kraft treten
Kritiker bemängeln, dass eine medizinische Versorgung der Frauen besonders bei den Babyklappen nicht sichergestellt und das Recht des Kindes auf Wissen seiner Herkunft missachtet wird.
Babyklappe und die anonyme Geburt im Krankenhaus werden aber auch mit dem neuen Gesetz nicht abgeschafft, sondern weiter gebilligt. Schröder hofft, dass die vertrauliche Geburt die anderen Angebote langfristig ersetzt. Das Gesetz soll im Mai 2014 in Kraft treten, um genügend Zeit für die Vorbereitungen zu lassen.
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, begrüßte den Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt, forderte aber Nachbesserungen. Die gesetzliche Regelung, die auf Schwangere zielt, die ihr Kind nicht behalten und ihren Namen nicht preisgeben wollen, halte sie für ein niedrigschwelliges Angebot. „Die ausdrückliche Billigung der bestehenden Angebote von Babyklappen und anonymer Geburt halte ich aber für schädlich und sogar widersprüchlich“, ergänzte die Professorin für Medizin-Ethik an der Universität Köln.
„Das beißt sich mit dem Angebot einer anonymen Geburt“
Woopen erklärte, im Gesetzentwurf würden Kliniken und Hebammen verpflichtet, bei Frauen, die anonym entbinden möchten und noch nicht in das System der vertraulichen Geburt eingebunden sind, die Beratungsstellen zu informieren. „Das beißt sich mit dem Angebot einer anonymen Geburt“, kritisierte sie. Man müsste die vertrauliche Geburt viel stärker machen und die Angebote der anonymen Geburt zurücknehmen, forderte Woopen. Zu den Babyklappen müssten zumindest mit den Ländern einheitliche Standards entwickelt werden beispielsweise über die Einbindung der Jugendämter, ergänzte sie.
„Was mich an dem Gesetzentwurf stört, ist die Halbherzigkeit im Umgang mit den anonymen Angeboten“, sagte die Ethikrats-Vorsitzende.
„Da hätte ich mir ein kraftvolleres Vorgehen gewünscht.“ Die Medizinerin verteidigte aber zugleich das geplante Verfahren zur vertraulichen Geburt, in dem Beratungsstellen für Schwangere eine zentrale Rolle übernehmen. Sie seien genau die richtige Stelle, „denn sie wissen durch jahrzehntelange Arbeit mit Schwangeren, was ergebnisoffene und vertrauensweckende Beratung ist“, sagte Woopen.