Es war explizit keine Regierungserklärung, die der neue Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, heute bei seiner ersten Pressekonferenz abgegeben hat. Auch musste er sich nicht mehr vorstellen, denn er kommt ja von hier. Diese erste Erklärung an seinem neuen Bischofssitz hat also wenig Offizielles; stattdessen erzählt er den versammelten Gästen im Kolumba Diözesanmuseum – und eigentlich allen Kölnern – von seiner Berliner Zeit. Seit 2011 war er der Erzbischof der Hauptstadt. "Ich möchte Ihnen ein wenig erzählen von dem, was ich in den vergangenen Jahren so gemacht habe, weil es mich (…) geprägt hat und ich viel gelernt habe." Denn eigentlich, so müsste man glauben, könnte der Unterschied zwischen Köln, dem "Rom des Nordens" und Berlin, der "Hauptstadt des Atheismus", größer nicht sein. Doch Woelki verwies stattdessen auf die Gemeinsamkeiten – und damit auf die guten Voraussetzungen, die er für das Amt des Erzbischofs von Köln mitbringt.
Lampedusa - wo Kirche gebraucht wird
"Ich bin Kölner geblieben, auch wenn ich ein Berliner geworden bin. Ich bin auch dem FC treu geblieben und habe es nie bestritten, dass ich auf meine Heimat stolz bin. (…) Berlin ist sehr gut und erfahren darin, Migranten aus aller Welt zu integrieren", so der neue Erzbischof. Mit Migranten meinte er wohl nicht nur Rheinländer wie ihn. In Berlin, genau wie in Köln gibt es ein "Lampedusa", hier wie dort. Einen Ort, wo Kirche gebraucht wird.
Berlin ist Diaspora, das Gegenteil von Köln. Doch "Kirche in der Diaspora ist stark", so Woelki. "Wer sein Christsein in der Diaspora lebt, ist viel stärker in der Situation, sich dazu auch bekennen zu müssen. Davor habe ich großen Respekt." Auch im Rheinland ist das Katholischsein nicht mehr selbstverständlich und "da werden wir uns in Köln manches von Berlin abgucken können."
"Keine Privatsache"
Religion muss ihren Platz in der Gesellschaft in Köln weniger behaupten als in Berlin, aber auch in der Domstadt will der neue Kölner Erzbischof dafür kämpfen, dass sie "nie und nimmer Privatsache" ist. Das ist ein klares Statement. Genauso wie seine feste Zusage, sich auch in Köln um ein "gutes geschwisterliches ökumenisches Miteinander" zu bemühen. In Berlin ist Ökumene "lebensnotwendig", aber auch im katholischen Köln von großer Bedeutung.
Weiter erinnerte Woelki an die Veranstaltung "Vorhof der Völker", zu der im vergangenen Jahr der Päpstliche Kulturrat und die Deutsche Bischofskonferenz eingeladen hatten. Der Dialog mit den Nicht-Glaubenden liege ihm am Herzen, genau wie der mit den anderen Religionen.
Einladung an alle Kölner
Eine weitere Erfahrung, die Woelki in seinen drei Berliner Jahren stark prägte, war die Sanierung und Umgestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale. Wenn Gläubige von "ihrer Kirche" sprächen, sich mit ihrer Kirche identifizierten, so Woelki, gehe es immer um große Emotionen. "Ich werde die St. Hedwigs-Kathedrale nicht vergessen und sie wenigstens teilweise mit nach Köln nehmen." Er werde sich auch in der Deutschen Bischofskonferenz weiter dafür einsetzen, dass die katholische Präsenz in Berlin gestärkt werde und den Umbau der Hauptstadtkathedrale fördern.
Rainer Maria Kardinal Woelki schloss sein Statement mit einer Einladung an alle Kölner: "Ich ermutige jede und jeden, seine Talente und Fähigkeiten einzubringen, damit dieser Weg getragen ist von wechselseitigem Zuhören, von gegenseitigem Verständnis, von geschwisterlicher Zusammenarbeit – von einem wirklich gemeinschaftlichen Geist, der einen Jeden achtet."
"Ich freue mich auf Jeden"
Woelki, der von Manchen als "Brückenbauer" bezeichnet wird, verbindet als geborener Kölner, der für drei Jahre Berliner geworden ist und nun zurückkehrt zu seinen Wurzeln, die beiden Erzbistümer, die beiden Städte. Die Erfahrungen, die er in der Diaspora gesammelt hat, lassen ihn gestärkt auf seine neue Aufgabe blicken. Abschließend richtet er seine Worte an alle Kölner: "Auch wenn ich schweren Herzens gehe, freue ich mich sehr auf Sie, auf jede und jeden Einzelnen!"
Am 20. September 2014 wird Rainer Maria Kardinal Woelki als neuer Erzbischof in Köln eingeführt.
Offener Umgang mit Homosexuellen
Im Anschluss an das Statement Woelkis hatte die Presse Gelegenheit, dem ernannten Erzbischof Fragen zu stellen. Auf die Frage nach seinem Umgang mit Homosexuellen antwortete er, die Kirche reduziere Menschen "nicht auf Orientierungen oder irgendwelche Verhaltensweisen", sondern sehe alle als Kinder Gottes. Sein Umgang mit Schwulen und Lesben werde ein offener sein.
Bereits in seiner Zeit als Berliner Erzbischof hatte Woelki den Dialog mit dem dortigen Lesben- und Schwulenverband gesucht. An den Aussagen der katholischen Morallehre zur Homosexualität hatte er gleichwohl festgehalten.
Wohnen in Domnähe
Eine weitere Frage war die nach dem künftigen Wohnsitz des Kardinals. Anders als in Berlin wird Woelki in seinem neuen Amt als Kölner Erzbischof nicht mehr in einer Mietwohnung leben. Er werde das unter Kardinal Josef Frings (1942-1969) erbaute Bischofshaus in Domnähe bewohnen, erklärte Woelki. In dem Haus hatten nach Frings auch die Kölner Erzbischöfe Joseph Höffner und Joachim Meisner gewohnt.
Woelki betonte, das Kölner Bischofshaus sei funktional und kein Prachtbau wie manche Residenz im Süden Deutschlands. In Berlin sei er vor allem deshalb nicht in die zentral gelegene Bischofsresidenz gezogen, weil diese renovierungsbedürftig sei. Stattdessen bezog Woelki dann eine Mietwohnung im Arbeiter- und Migrantenbezirk Berlin-Wedding.
Mittagsgebet mit kölschen Tön
Beim anschließenden Mittagsgebet im voll besetzten Kölner Dom wurde der neue Erzbischof mit einer bewegenden Ansprache durch den Diözesanadmoinistrator Stefan Heße den Gläubigen vorgestellt. Danach richtete Woelki das Wort an die Gemeinde. Er bedankte sich für den freundlichen Empfang: "Das ist wie Weihnachten und Ostern zusammen". Erster Applaus brandete auf, als Woelki das Höhnerlied "Hey, Kölle, do bes e Jeföhl" zitierte und seine Gefühle beschrieb, die er habe, wenn er an Köln denkt.
Zur Bischofsstadt gehörten der Rhein, der Karneval und nicht zuletzt der Dom. Der verbinde die Herzen aller Kölner - ob Gläubige oder Nichtgläubige, Deutsche oder Zugewanderte. Die Kathedrale mit ihren Türmen zeige: "Wir sind nach oben hin, über uns hinaus angelegt." Diese Kirche eine und versöhne, wie kaum eine andere.
In seiner Rede rief der designierte Erzbischof zur Mitarbeit in der Kirche auf. So wie der Dom aus verschiedenen Steinen bestehe, sollten alle Menschen mit ihren verschiedenen Begabungen als lebendige Steine mitmachen. "In der Kirche ist nicht das Gegeneinander, sondern das Für- und Miteinander entscheidend. Wir werden eine gute Zukunft miteinander haben. Vergelt´s Gott für alles, auf ein gutes Miteinander, Gott segne Sie und unser ganzes Bistum!"
Nach dem ersten bischöflichen Segen besuchte Erzbischof Woelki die Bischofsgruft und suchte das Gespräch mit den Kölnerinnen und Kölnern auf der Domplatte. Danach geht es wieder nach Berlin, wo noch etliche Aufgaben auf Woelki warten, bevor er dann endgültig am 20. September an den Rhein zurückkehrt.