domradio.de: Frau Nahles, was hat Sie dazu bewegt, hier zum Eucharistischen Kongress nach Köln zu kommen?
Andrea Nahles: Ich fand es eigentlich sehr reizvoll, dass es um den Glaubenskern geht. Ich bin sehr oft auf Katholikentagen, Kirchentagen. Aber das hier war doch noch mal ein Bekenntnis auch zur Eucharistie, und das fand ich sehr gut. Ich geb aber zu, ich bin ja aus der Eifel, ich hätte vielleicht nicht zugesagt, wenn es ganz, ganz, ganz weit weg gewesen wäre. Aber ich komm ja nicht von so weit weg her.
domradio.de: Was bedeutet Eucharistie für Sie persönlich?
Andrea Nahles: Also für mich ist es jedes mal eigentlich die Chance, mir zu vergegenwärtigen, woran ich glaube, was der Kern des Glaubens ist. Dass Jesus Mensch geworden ist, und dass es eben eine große Hoffnung, ein Erlösungsversprechen gibt. Das ist etwas, was ich immer wieder und gerade in der Eucharistiefeier und durch die Eucharistie als ein echtes Erlebnis empfinde. Ich bin früher Messdienerin gewesen, und da habe ich dann immer diesen Moment besonders intensiv erlebt. Deswegen habe ich auch heute noch bei jeder Messe das Gefühl, dass es gut ist, dass es diese Eucharistiefeier gibt.
domradio.de: In einem Interview haben Sie den Katholizisimus als Ihre Kraftquelle bezeichnet. Können auch die Teilnehmer diesen Kongress als Kraftquelle begreifen?
Andrea Nahles: Das weiß ich nicht so recht. Das ist etwas, worüber ich eigentlich nicht so gewohnt bin, zu reden. Mein politisches Leben ist das eine, und das hier ist das andere. Man kann es natürlich nicht trennen, ich gebe es zu, aber es ist für mich eher ungewohnt. Ich kann nur sagen, für mich gibt es ein unheimliches Innehalten im Alltag, weil eben Gott da ist. Weil er mich auch dazu zwingt und dazu anhält, immer wieder innezuhalten, nachzudenken, mich zu besinnen. Das ist das eine, was ich täglich erfahre. Das andere ist aber auch der Versuch, meiner Tochter das Christentum nahe zu bringen. Und was mich persönlich antreibt, ist die Kraft, die allein von Jesus über 2000 Jahre wirkt, was er als Vorbild gelebt hat. Dann komm ich mir, selbst wenn ich denke, "heute hast Du wieder viel geschafft", dann habe ich immer noch genug Ziele und immer noch genug, was ich schaffen will. Jesus ist für mich jemand, der mir dann ein Kompass ist. Ganz persönlich, die Figur Jesus Christus, der menschgewordene Sohn Gottes. Das ist etwas, was mir Kraft gibt.
domradio.de: Inwieweit spielt denn der katholische Glaube in Ihrem politischen Alltag eine Rolle?
Andrea Nahles: Ich weiß nicht, wie es anderen geht. Aber bei mir ist es immer wieder eine Quelle von Zweifel, ob das, was ich mache, richtig ist. Es ist immer wieder eine Prüfstelle. Und manchmal bestehe ich und manchmal nicht. Es ist natürlich so, dass man auch gerade in der Politik, gerade in der Position angreift. Ich habe mir zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Verteidigungsminister de Maizière Gedanken gemacht. Ich mag den eigentlich, das ist ein ganz netter Kerl. Der macht auch keinen schlechten Job an sich. Aber jetzt stehe ich doch vor einer Situation, wo ich eigentlich sehr unzufrieden mit dem bin, was er gerade sagt, was er getan hat, wo da Fehler entstanden sind, wie er damit umgegangen ist. Da habe ich schon überlegt, wie weit gehst Du jetzt in der Kritik, willst Du seinen Rücktritt fordern, ist das angemessen? Es ist bei ihm persönlich auch eine sehr schwierige Lage. Ich versuche immer noch zu überlegen, was löst das, was ich politisch für notwendig erachte, auf der menschlichen Ebene beim Gegenüber aus. Das belastet mich manchmal auch, weil das kollidiert. Es ist nicht immer so, dass es schnell zusammengeht. Und gerade jetzt aktuell habe ich das Problem mit dem Umgang mit dem Verteidigungsminister Thomas de Maizière.
Das Interview führte Veronika Seidel