Während des Gottesdienstes im Würzburger Dom riefen der brasilianische Bischof Erwin Kräutler sowie der Würzburger Oberhirte Friedhelm Hofmann die Christen zum Kampf gegen die Verletzung von Menschenrechten auf. Der aus Österreich stammende und im Amazonas-Gebiet tätige Kräutler warf multinationalen Konzernen vor, die Naturreichtümer des Landes auszubeuten, "meist unter Missachtung von Sozial- und Umweltstandards". Sie verschlössen auch davor die Augen, dass versprochene Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt nicht umgesetzt würden. Sie würden lediglich Fortschritt und Entwicklung im rein ökonomischen Sinn verstehen.
Verantwortung übernehmen
Hier müsse Kirche, müsse ein Bischof seine Finger in die Wunden legen, ist er überzeugt. Der Geistliche sieht sich nicht nur für die Sakramente und den Gottesdienst verantwortlich, sondern auch für die Menschen und deren Umgebung. "Wenn es den Menschen schlecht geht, geht es auch dem Bischof schlecht." Ein Hirte müsse seinen besseren Zugang zu den Behörden nutzen, fordert Kräutler, er müsse Standpunkte klar darlegen und deutlich machen: "Ich spreche im Namen des Volkes." Hirte sein, bedeute für die Leute da zu sein, "hellhörig für deren Nöte und Ängste".
Da sei die leicht lesbare Umwelt-Enzyklika des Papstes gerade zur richtigen Zeit gekommen, habe Einfluss auf das Klimaschutzabkommen in Paris gehabt. In Brasilien dagegen habe sie bei der Regierung noch nichts bewirkt. Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva habe einmal gesagt, die indigenen Völker und irgendwelche Umweltgesetze hemmten den Fortschritt. "Eine ganz dumme Aussage ist das gewesen." Denn die Ökologie sei eine Frage des Überlebens der Menschheit.
Scharfe Kritik übte der Bischof an den großen Staudammprojekten. Wasserkraft werde als saubere Energie gepriesen. "Was heißt da sauber, wenn tausende Familien ihren Grund und Boden verlieren und bestenfalls in enge Fertigteilhäuschen zwangsumgesiedelt werden?"
Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann erinnerte an die Verantwortung der Europäer für das Schicksal der Menschen. Aus politischen und wirtschaftlichen Interessen sei anderen Völkern gegenüber viel Unrecht geschehen und es geschehe zum Teil immer noch. "Die weltweiten Ungerechtigkeiten, die sich in brutalen Aktionen gegen die oft einfachen Menschen richten, dürfen uns nicht kalt lassen."
Symbolische Gaben
Als Gaben brachten eine Sozialarbeiterin einen Wasserzähler als Symbol für das Recht auf Wohnen an den Altar, ein Mitarbeiter der Landpastoral eine Waage für das Recht auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Selbstbestimmung bei großen Staudammprojekten. Ein Wasserkanister stand für das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung. Durch schadhafte Leitungen versickert etwa die Hälfte des Trinkwassers in Brasilien. Nur 39 Prozent aller Haushalte sind an Abwasserkanäle angeschlossen.
Misereor-Hauptgeschäftsführer Monsignore Pirmin Spiegel forderte dazu auf, gemeinsam mit Misereor und den brasilianischen Kirchen Flagge zu zeigen "für eine Welt, in der Recht, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit keine Fremdworte sind". Am Ende der Fastenzeit werden in allen katholischen Kirchengemeinden Deutschlands Spenden für Entwicklungsprojekte in Brasilien und die Arbeit des Hilfswerks in Afrika, Asien und Lateinamerika gesammelt.
Seit Mittwochabend gab es rund um die Eröffnung der Fastenaktion mehrere Konzerte, Tagungen und Gottesdienste. Erstmals wurde sie gemeinsam mit dem Nationalen Rat der christlichen Kirchen in Brasilien (CONIC) durchgeführt.