"Wir brauchen so eine Richtung in Deutschland, um wieder Normalität und Selbstverständlichkeit in der muslimischen Community herzustellen", sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek dem Fernsehsender Phoenix. Ein solches Gesetz könne dazu beitragen zu zeigen, dass der Islam zu Deutschland gehört. Auch der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide nannte das österreichische Gesetz ein Vorbild für Deutschland.
Am Mittwoch hatte das Parlament in Wien eine Neufassung des Islamgesetzes verabschiedet, das unter anderem Ansprüche auf Seelsorge beim Bundesheer, in Strafanstalten und Krankenhäusern sowie eine islamisch-theologische Ausbildung an der Universität und gesetzliche Feiertage festgelegt. Die anerkannten islamischen Religionsgemeinschaften erhalten den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Die islamischen Glaubensgemeinschaften werden im Gegenzug etwa dazu verpflichtet, extremistische Imame zu entlassen. Außerdem schreibt das Gesetz Imamen die Kenntnis der deutschen Sprache vor.
Gegen Islamophobie und Vorurteile
Der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek erklärte, das Islamgesetz könne gegen Islamophobie und Vorurteile wirken. Zugleich mache es deutlich, dass das Grundgesetz über der Scharia steht, sagte er in dem Phoenix-Interview, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. Mazyek befürwortete auch das Verbot der Auslandsfinanzierung muslimischer Vereine und die Ausbildung von Imamen in Deutschland.
Auch der Islamwissenschaftler Khorchide begrüßte das Verbot der Auslandsfinanzierung, das in der Türkei und bei österreichischen Islamverbänden auf Kritik gestoßen war. "Der Einfluss ausländischer Regierungen und anderer Gruppierungen auf Muslime ist in vielen Ländern Europas ein Problem", sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".
Etwa 60 der 300 muslimischen Prediger in Österreich würden aus der Türkei entsandt, in Deutschland sei der Anteil ähnlich hoch. "Die türkische Regierung übt auf diese Weise eine Kontrolle über Migranten aus", sagte Khorchide. Zudem würden militant-salafistische Vereine in Österreich wie Deutschland ohne Finanzierung aus Saudi-Arabien kaum überleben.
Diskussion in der deutschen Politik
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert äußerte sich zur Diskussion um ein mögliches Islamgesetz. Der CDU-Politiker sagte der Zeitung "Die Welt", Imame sollten seiner Auffassung nach hierzulande Deutsch sprechen. Er halte es für eine "Selbstverständlichkeit", dass jemand, der in Deutschland tätig sei, auch Deutsch spreche.
Auch Priester, die aus dem Ausland kämen und keine perfekten Deutschkenntnisse mitbrächten, müssten "in der Regel die deutsche Sprache erlernen, um die ihnen übertragenen Aufgaben wahrnehmen zu können". Das österreichische Islam-Gesetz nannte Lammert einen "interessanten Versuch, Klärungen herbeizuführen, für die es auch in Deutschland Bedarf gebe". Es sei aber eine andere Frage, ob solche Klärungen gesetzlich erfolgen müssten.
Gehört der Islam zu Deutschland?
Den Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wonach der Islam zu Deutschland gehört, wollte sich Lammert nicht zu eigen machen. "Der Islam gehört inzwischen zu den Religionen, die in Deutschland erhebliche Verbreitung finden", sagte der Parlamentspräsident.
"Und ich würde mir wünschen, man könnte von dieser großen Weltreligion sagen, dass sie ein ähnlich aufgeklärtes Verhältnis zwischen Politik und Glauben, Staat und Religion gefunden hat wie Christentum und Judentum. Diese beiden Religionsgemeinschaften sind für Geschichte und Kultur unseres Landes zweifellos prägend."
Debatte auch um Burka-Verbot
Lammert wandte sich im Interview gegen ein von der rheinland-pfälzischen CDU-Vorsitzenden Klöckner erneut gefordertes Verbot der Burka, der muslimischen Vollverschleierung. Die praktische Durchsetzung eines Burka-Verbots würde "vermutlich mehr Probleme schaffen als lösen", erklärte Lammert.
Klöckner bekräftigte ihre Forderung in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Vollverschleierung muslimischer Frauen sei "kein Ausdruck religiöser, kultureller Vielfalt", sagte sie. Die Burka stehe für ein abwertendes Frauenbild und für die Unterdrückung der Frauen. Die CDU-Politikerin widersprach außerdem Merkels Äußerung, der Islam gehöre zu Deutschland.
"Es gibt nicht den einen Islam, es gibt verschiedene Ausprägungen", sagte Klöckner. Dazu gehörten auch extremistische Strömungen, die bereit seien, gegen Nicht- und Andersgläubige Gewalt einzusetzen, die eine Gleichberechtigung von Mann und Frau ablehnten sowie antisemitisch und homophob seien. "Muslime, die unsere Grundordnung eines aufgeklärten Landes teilen, die gehören zu Deutschland, aber nicht fundamentalistisch-extremistische Ausprägungen des Islam", sagte Klöckner.