Am zweiten Tag seiner Mexiko-Reise hat sich Papst Franziskus in Ecatepec gegen eine geteilte und entzweite Gesellschaft ausgesprochen und vor den Versuchungen von Reichtum und Macht gewarnt. "Wir wissen, was es bedeutet, von Geld, Ruhm und Macht verlockt zu werden", sagte er bei einer großen Sonntagsmesse. Es gehe nicht an, sich Güter anzueignen, die für alle bestimmt seien. "Das bedeutet, das Brot zu haben, das der andere im Schweiße seines Angesichts oder sogar unter Einsatz seines Lebens verdient hat. Dieser Reichtum ist das Brot, das nach Schmerz, Verbitterung und Leiden schmeckt", sagte Franziskus. Diese teuflischen Versuchungen führten letztlich zu einer entzweiten Gesellschaft. Weiter wandte er sich gegen Eitelkeit und gegen ein "Streben nach Prestige, das sich auf die fortwährende und ständige Disqualifizierung derer gründet", die anders seien als man selbst.
"Wir haben uns für Jesus entschieden und nicht für den Teufel. Wir wollen seinen Spuren folgen, wissen aber, dass das nicht leicht ist", so der Papst in seiner Predigt. Die Fastenzeit sei eine Zeit der Umkehr zu Gott, der den Menschen erwarte und sein Herz von allem Entwürdigendem heilen wolle. Dieser Gott trage den Namen Barmherzigkeit, unterstrich der Papst.
Verurteilung von Ausbeutung
Zum Abschluss seiner Sonntagsmesse hat Papst Franziskus die Ausbeutung von Menschen in Mexiko verurteilt und zur Solidarität mit Benachteiligten aufgerufen. Mexiko dürfe kein Land sein, in dem Menschen von "Händlern des Todes" zugrunde gerichtet würden, sagte er an seinem zweiten Besuchstag in Ecatepec, rund 25 Kilometer östlich von Mexiko-Stadt. Gerade die Christen müssten an vorderster Front stehen, um Mexiko zu einem "Land der Chancen" zu machen und eine Auswanderung vor allem junger Menschen zu verhindern.
Mexiko müsse unter dem Einsatz der Christen zu einem Land werden, "wo es nicht nötig ist, ausgebeutet zu werden, um arbeiten zu können; wo es nicht nötig ist, die Verzweiflung und die Armut vieler zum Opportunismus einiger weniger zu machen", sagte der Papst. Die Christen sollten aus Mexiko ein Land machen, aus dem niemand auswandern müsse, um seine Träume erfüllen.
Pflicht der Christen
Ausdrücklich zitierte Franziskus aus einer Radiobotschaft seines Vorgängers Paul VI. von 1970 an die Mexikaner: "Ein Christ darf nicht unterlassen, seine Solidarität zu beweisen, um die Situation derer zu lösen, zu denen das Brot der Kultur oder die Gelegenheit zu einer ehrenwerten Arbeit noch nicht gelangt sind".
Ein Christ dürfe nicht gleichgültig bleiben, wenn die junge Generation ihre legitimen Bestrebungen nicht verwirklichen könne. Es sei Pflicht der Christen, "die Situation der Notleidenden zu verbessern, und in jedem Menschen einen Bruder oder eine Schwester und in jedem Bruder oder jeder Schwester Christus zu sehen".
Programm des Papstes
Wegen der Höhenlage von 2.200 Metern und der kühlen nächtlichen Temperaturen begann der Gottesdienst erst um 11.30 Uhr (18.30 Uhr MEZ). Die Organisatoren wollten so verhindern, dass zu viele Gläubige bereits in den Nachtstunden in der Kälte auf den Papst warten. Der Name Ecatepec - eine Stadt von heute 1,6 Millionen Einwohnern - bedeutet "windiger Hügel".
Vor seinem Hubschrauberflug nach Ecatepec hatte Franziskus die Apostolische Nuntiatur in Mexiko-Stadt am Sonntagmorgen für eine Viertelstunde verlassen, um Menschen zu treffen, die dort seit Stunden auf ihn warteten. Er schüttelte Hände, segnete Marienbilder, Kranke und Kinder.
Nach einem Mittagessen und einer kurzen Ruhepause im Priesterseminar von Ecatepec wollte Franziskus nach Mexiko-Stadt zurückkehren und dort am Abend (0.45 MEZ) die Kinderklinik "Federico Gomez" besuchen. Für Montag steht ein Besuch in der Unruheprovinz Chiapas im Süden Mexikos auf dem Programm. Dort wird der Papst auch mit Vertretern der indigenen Bevölkerung zusammentreffen.
Die Armen in den Blick nehmen
An seinem ersten Besuchstag am Samstag hatte Franziskus bei einem Treffen mit den Bischöfen des Landes sowie vor Vertretern aus Politik und Wirtschaft zum Kampf gegen Korruption und Drogenhandel aufgerufen. Bei einem Besuch des mexikanischen Nationalheiligtums, der Basilika von Guadalupe, betonte Franziskus die besondere Sorge der Kirche für Arme und Benachteiligte. Der Gottesdienst in der Basilika, die mit 20 Millionen jährlichen Besuchern als das größte Marienheiligtum der Welt gilt, war ein religiöser Höhepunkt der Reise.
Nach Angaben von Vatikansprecher Federico Lombardi hatten rund eine Million Menschen den Papst am Samstag in Mexiko-Stadt begrüßt und ihm bei der Fahrt im Papamobil zugejubelt.