Ein Kommentar zur Debatte um gleichgeschlechtliche Partnerschaften

Wenn der Segen zum Fluch wird ...

Der Segen der Kirche für gleichgeschlechtliche Paare und Wiederverheiratete? Für viele Bischöfe undenkbar, für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken mehr als nur eine Option. Ein Kommentar von domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Im unserem Laden Kirche wird wieder mal heftig gestritten. Es geht um eine Erklärung des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. Das ZdK regt eine 'Weiterentwicklung von liturgischen Formen, insbesondere Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, neuer Partnerschaften Geschiedener und wichtige Weichenstellungen im Familienleben' an. Man möchte Brücken bauen zwischen Äußerungen des päpstlichen Lehramtes und der gelebten und erlebten gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Die deutschen Bischöfe, die sich gerade auf die Familiensynode vorbereiten, zu der Papst Franziskus im Oktober nach Rom eingeladen hat, finden diesen Vorstoß des ZdK „wenig hilfreich“. Das ist schön diplomatisch ausgedrückt. Die Oberhirten sind im Hinblick auf die Diskussion in der Weltkirche mit ihren Positionen eh weit vorgestoßen und derzeit bemüht, allzu hohe Erwartungen an die Synode wieder einzufangen. Katholiken, die nicht auf dem diplomatischen Parkett unterwegs sind, werden da deutlicher: Sie stellen gleich das ganze ZdK in Frage und bescheinigen den gewählten Laienvertretern in aller Deutlichkeit, dass sie mit ihren Anregungen die katholische Lehre weit hinter sich ließen. Ja, es wird gar hinterfragt, ob das ZdK überhaupt noch richtig katholisch sei.

Das ZdK hat aber nun überhaupt nicht das Sakrament der Ehe in Frage gestellt – sondern „Segnungen“ für andere Lebensformen in die aktuelle Debatte gebracht. Von einer Suche nach liturgisch angemessenen Formen ist die Rede. Diskurs und Suche nach dem richtigen pastoral-liturgischen Weg sollten doch wohl noch möglich sein.

Segen ist, biblisch gesprochen, immer die Verheißung des Gelingens durch Gottes Kraft der Liebe und seinen Geist. Die Mutter segnet ihr Kind am Morgen, damit es gut durch den Tag kommen möge, der Sohn segnet seinen alten, erkrankten Vater, damit er die schwere OP überstehe, der Bischof segnet das neue Altenheim, damit hier im Geist Gottes gearbeitet werde… Sie alle bitten um Gottes Kraft und Beistand.

Das genaue Gegenteil des Segens ist der Fluch. Niemand aber wird gleichgeschlechtliche Partner, die lebenslang in Gesundheit und Krankheit füreinander Verantwortung übernehmen, verfluchen wollen. Auch nicht die Wiederverheirateten. Wer nicht fluchen oder segnen will, dem bleibt nur das Ertragen – hier: das Tolerieren anderer Lebensformen. Das ist für manchen bei der Fülle der heutigen Lebensformen aber oft schon schwer genug. Doch reicht das für einen Christen, der die biblische Botschaft: „Ihr sollt ein Segen sein!“ ernst nimmt?

Wenn aber schon heute Geistliche Wiederverheirateten die Kommunion nicht verweigern oder bei gleichgeschlechtlichen Paaren deren Segenswunsch ernst nehmen, sollte eine gute und ehrliche Diskussion über all diese Fragen möglich sein. Dann ist vielleicht nicht jeder einzelne Debattenbeitrag gut zu heißen, aber vielleicht doch notwendig und hilfreich, weil die Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit immer wieder neu den richtigen Weg finden muss. Gerade an Pfingsten dürfen die Christen dabei auf die Kraft des Heiligen Geistes ganz besonders vertrauen – und können so für sich und für andere zum Segen werden.


Quelle:
DR