Der Immobilienmanager Benjamin Marx kennt den Berliner Wohnungsmarkt gut. Er weiß von annähernd 40 Häusern in Berlin, in denen die Wohnungen völlig überbelegt und vermüllt seien.
"Unbewohnbar", sagt Marx. Viele Roma, die aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland kommen, wohnen trotzdem dort. Marx wollte sich damit nicht abfinden und schaffte neuen, menschenwürdigen Wohnraum. Am Freitag wird seine Initiative ausgezeichnet.
Die mangelnden Kenntnisse der Einwanderer über ihre Rechte, ihr fehlendes Vertrauen in deutsche Behörden und die alltägliche Diskriminierung zwinge die Menschen dazu, in solchen Wohnungen zu hausen. Das stellt auch der "Berliner Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma" fest, den der Senat im Juli vorgestellt hat.
Tausende lebten mitten in Berlin in solch "beengten Wohnverhältnissen, in Armut, Arbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung". Die Besitzer dieser Schrottimmobilien verdienen daran, sagt Marx.
Ratten und Müll
Eine solche Immobilie in der Harzer Straße in Neukölln hat Marx im August 2011 für die katholische Aachener Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft erworben. Damals flitzten Ratten über das Gelände, Müll stapelte sich bis in den ersten Stock, manche Wohnungen hatten keine Fenster, nur wenige Heizkörper, das Wasser war abgestellt. In Matratzenlagern lebten rund 1.000 Roma, die vor rund vier Jahren aus Bukarest nach Deutschland gekommen waren.
Alle hatten reguläre Mietverträge. "Aber der Besitzer kümmerte sich nicht, zahlte kein Wasser mehr", erzählt die Rumänin Ana Maria Berger, die seit Dezember 2011 den Menschen im Haus hilft. Ein Jahr lang wurde saniert. Dann wurde im September 2012 das Integrationsprojekt "Arnold Fortuin Haus" eröffnet. Mit 137 Wohnungen in acht Häusern. Benannt wurde es nach einem saarländischen Priester (1901-1970), der während des Nationalsozialismus viele Sinti und Roma versteckt und ihnen zur Flucht verholfen hatte. Am Freitag wird das Projekt nun mit dem Julius-Berger-Preis geehrt.
Im Fortuin-Haus herrschen heute geordnete Verhältnisse. Im Keller gibt es ein Spielzimmer für Kinder, eine Nähwerkstatt und einen Kulturraum für Lesungen, Ausstellungen und Konzerte. Regelmäßig finden Mietersprechstunden statt, bei denen Ana Maria Berger hilft, dolmetscht, moderiert. Täglich gibt sie Deutschunterricht und kooperiert mit dem Kiezbüro der Caritas und der Ambulanten sozialpädagogischen Erziehungshilfe Berlin. "Wenn man so ein Hausprojekt gründet, muss man Integrationsangebote anbieten, anders funktioniert das nicht", sagt Berger.
Offener und optimistischer
Der Wandel sei beachtlich: Die Bewohner seien offener und optimistischer geworden - eine Grundvoraussetzung für Integration. "Als wir herkamen, waren alle sehr ängstlich", erzählt Berger. Mittlerweile seien fast alle krankenversichert. Bevor sie kam, war es wohl nur jeder Vierte.
Den größten Erfolg aber sieht Benjamin Marx darin, dass es gelungen sei, Vorurteile abzubauen: "Roma können sich sehr wohl integrieren." Der anfangs starke Widerspruch in der Nachbarschaft habe sich gelegt. "Man kann zwar nicht alle Meinungen ändern, aber mit vielen ist die Beziehung besser geworden", sagt Berger.