domradio.de: Die "Manege" ist ein Bundespilotprojekt, betrieben von den Salesianern Don Boscos und den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. Was passiert in dieser Einrichtung genau, dass die Kanzlerin sich die heute mal aus der Nähe anschauen möchte?
Schwester Margaretha Kühn (Geschäftsführerin der "Manege"): Wir sind hier seit 2005, haben uns spezialisiert auf eine Zielgruppe junger Menschen und sagen: 'Wenn wir sie erreichen wollen, müssen wir Tag und Nacht dasein, 24 Stunden, sieben Tage in der Woche.' Ich glaube, das interessiert unsere Bundeskanzlerin. Wie kann man Menschen erreichen, die sich nur ganz schwer erreichbar machen?
domradio.de: Es sind Jugendliche im Alter zwischen 16 und 24 Jahre, die sie da vor sich haben. Welche Sorgen, Nöte und Probleme haben diese Jugendlichen, dass die sich bei Ihnen aufhalten?
Kühn: Unsere jungen Menschen sind - wenn man das so sagen kann - eigentlich noch gar nicht so richtig ins Leben reingekommen. Familie ist da gewesen - mehr oder weniger - aber es gab sicher wenige Menschen, die ihnen deutlich gemacht haben, mit und ohne Worte: 'Es ist schön, dass Du da bist. Wir setzen auf Dich. Wir helfen Dir. Wir sind Dein Rückgrat.'
Dann sind Kindheit und Jugend ziemlich brüchig gewesen, mit vielen Dingen, die quergelaufen sind. Und am Ende stehen doch so einige da, noch ohne Schulabschluss, aber mit ganz vielen Fähigkeiten gesegnet, die sie nur noch nicht rausholen konnten.
domradio.de: Und wie genau sieht Ihr Konzept aus, die Fähigkeiten doch noch rauszukitzeln aus den Menschen? Sie sind ja nicht nur ein netter Aufenthaltsort oder eine Verwahranstalt, sondern dahinter steckt ja ein Plan.
Kühn: Dahinter steckt ein Plan! Wenn Sie uns besuchen, sieht es zunächst so aus, als sind wir hier ein fröhliches Haus, wie ein freundlicher Kindergeburtstag. Dahinter steckt am Ende ein Konzept, in dem wir sagen: 'Jeder kann etwas. Jeder darf sich einklinken. Jeder hat seine Würde in sich.'
Und deshalb gilt es auch, das alles herauszulocken, mit ganz vielen Arbeitsbereichen, wo wir erstmal schauen können: 'Was will ich eigentlich, was kann ich, wie will ich mich beruflich orientieren, wie sieht mein Tagesablauf aus, wie lerne ich, pünktlich aufzustehen und dazusein, wie sieht mein Schulabschluss aus, wie geht den Leben überhaupt.'
Wir sind ganz viel unterwegs, wir steigen in unsere schönen, gelben Bonifatiusbusse und unsere Jugendlichen erleben das erste Mal, was es eigentlich außerhalb von Marzahn-Hellerdorf noch gibt.
domradio.de: Was werden Sie denn heute alles der Bundeskanzlerin zeigen, damit die möglichst schnell und gut ein Bild davon bekommt, worin Ihre Arbeit besteht?
Kühn: Wir haben uns gedacht - und so machen wir es immer - dass unsere Jugendlichen ihr Haus zeigen. Wir zeigen unsere Arbeitsbereiche, wir sitzen gemeinsam am Tisch, wir werden uns wirklich mit Ihr zusammen ins Gespräch begeben. Die Jugendlichen haben das Wort. Sie sind natürlich ganz aufgeregt.
Wir haben uns ein schönes Geschenk ausgedacht und wir wollen schauen, dass wir diese eine Stunde, die bestimmt vorübergeht wie im Flug, wirklich für alle Seiten - für uns, für Frau Merkel - zum ganz guten Erlebnis in dieser Karwoche 2016 werden lassen.
Das Interview führte Daniel Hauser.