Nach einer dreifachen Bitte des für Heiligsprechungen zuständigen Kurienkardinals Angelo Amato erklärte Franziskus die beiden offiziell zu Heiligen. Die Erhebungsformel wurde von den Tausenden Menschen auf dem Petersplatz mit lautem und langem Applaus begrüßt.
An der Fassade des Petersdoms hingen bereits große Porträts der beiden neuen Heiligen. Nach der offiziellen Erklärung durch Papst Franziskus wurden Reliquiare der beiden vor den Altar gestellt.
Getragen wurde die Blutampulle von Johannes Paul II. durch die Costaricanerin Floribeth Mora Diaz, die auf dessen Fürbitte von einem unheilbaren Hirn-Aneurysma genesen war. Der Reliquienbehälter von Johannes XXII. mit Hautpartikeln des neuen Heiligen wurde von vier Neffen des Roncalli-Papstes gebracht.
Mit dem Gesang des Kyrie und der Allerheiligenlitanei hatte die Messe um 10.00 Uhr begonnen. Kurz zuvor zogen Hunderte Kardinäle und Bischöfe aus dem Petersdom auf den Vorplatz. Am Ende der Prozession trat Papst Franziskus auf den Platz und wurde von den Anwesenden mit Applaus begrüßt.
Bereits eine halbe Stunde zuvor war sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013) auf dem Petersplatz eingetroffen. Der emeritierte Papst, der ansonsten zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan lebt, hatte eine Einladung von Franziskus zu der Feier angenommen. In seinem Pontifikat war das Selig- und Heiligsprechungsverfahren für Johannes Paul II. eröffnet worden.
Franziskus: Neue Heilige sind mutige Zeugen der Barmherzigkeit
Papst Franziskus hat die beiden neuen Heiligen als Vorbilder an Barmherzigkeit und als kirchliche Erneuerer gewürdigt. Johannes XXIII. habe sich durch die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) als "Papst der Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist" erwiesen. Johannes Paul II. sei "der Papst der Familie" gewesen, sagte Franziskus in seiner Predigt.
"Sie waren zwei mutige Männer, erfüllt vom Freimut des Heiligen Geistes, und haben der Kirche und der Welt Zeugnis gegeben von der Güte Gottes und von seiner Barmherzigkeit", so der Papst in seiner Predigt. Johannes XXIII. und Johannes Paul II. stünden für eine Kirche, in der das Wesentliche des Evangeliums gelebt werde: Liebe, Barmherzigkeit, Einfachheit und Brüderlichkeit. Beide Päpste hätten danach gestrebt, die Kirche in "ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen und zu aktualisieren".
Johannes XXIII. habe mit der Einberufung des Konzils eine "feinfühlige Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist" bewiesen, führte Franziskus aus. Er sei ein "geführter Führer" für die Kirche gewesen. Darin habe sein "großer Dienst an der Kirche" bestanden.
Johannes Pauls II. Verdienst für die Kirche sei vor allem sein Eintreten für die Familie. Der Weg zur im Herbst bevorstehenden Synode über die Familienseelsorge werde daher von ihm "vom Himmel her sicher begleitet und unterstützt".
Als Priester, Bischof und Papst hätten die beiden neuen Heiligen die Tragödien ihres Jahrhunderts erlebt, ohne davon überwältigt worden zu sein, sagte Franziskus. Ihr Glaube an Christus als Erlöser der Menschen und Herr der Geschichte sei stärker gewesen; in beiden habe eine lebendige Hoffnung gewohnt.
Die beiden hätten in jedem leidenden Mitmenschen Jesus selbst gesehen und seien nicht davor zurückgeschreckt, in ihnen die Wundmale Jesu anzuschauen und zu berühren, erläuterte Franziskus. Ihr Vorbild könne auch heute lehren, zum Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit vorzudringen.
Papst Franziskus würdigt Friedensengagement seiner Vorgänger
Die beiden neuen Heiligen haben nach Worten von Papst Franziskus in "unauslöschlicher Weise zur Entwicklung der Völker und zum Frieden" beigetragen. Nach der Heiligsprechungsmesse auf dem Petersplatz dankte Franziskus am Sonntag allen Anwesenden, den Kardinälen, den Bischöfen und Priestern sowie den offiziellen Delegationen von mehr als 100 Nationen: "Ehrt das Gedächtnis der beiden heiligen Päpste, indem ihr getreu ihrer Lehre folgt", ermunterte er zum Abschluss der Messe.
Ausdrücklich dankte Franziskus auch der Diözese und der Stadt Rom, die das große Kirchenfest vorbereitet und organisierten. Auch ohne die vielen Freiwilligenorganisationen wäre die Feier nicht möglich gewesen, so der Papst.
Auf der Freitreppe vor dem Petersdom drückte er zunächst den Staatsoberhäuptern Italiens und Polens die Hand, Giorgio Napolitano und Bronislaw Komorowski; aus ihren Ländern stammen die beiden neuen Heiligen.
Es folgten die Königspaare aus Spanien und Belgien sowie der Großherzog von Luxemburg. Danach schlossen sich die angereisten Staatsoberhäupter und Regierungschefs an, darunter auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Als offizielle Vertreter Deutschlands nahmen für die Bundesregierung Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sowie für den Deutschen Bundestag dessen Vizepräsident Johannes Singhammer (CSU) teil.
Marx: Die beiden heiligen Päpste sind ermutigendes Signal
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die Heiligsprechungen von Johannes XXIII. und Johannes Paul II. als ermutigendes Signal gewürdigt. Sie zeigten, dass die Kirche dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) "fest verpflichtet" sei, heißt es in einer Erklärung von Marx vom Sonntag. Mit Johannes XXIII. erhebe Franziskus den Papst zum Heiligen, der das Konzil einberufen habe, mit Johannes Paul II. jenen, der es "mit großem Einsatz im Leben der Kirche fest verwurzelte".
Franziskus habe zudem "zwei große Europäer" zur Ehre der Altäre erhoben, erklärte der Münchner Kardinal. Johannes XXIII. habe sich entschieden für den europäischen Gedanken eingesetzt und sich für die Versöhnung zwischen den Völkern engagiert. Auch heute ermahne das Vorbild dieses Papstes zu einem unermüdlichen Einsatz für den Frieden. Marx verwies auf die Enzyklika "Pacem in terris" von 1963.
Mit Johannes Paul II. ehre die Kirche "jene visionäre Persönlichkeit", die mutig gegen kommunistische Unrechtsregime gepredigt habe und durch ihren politischen Einsatz am Fall der Berliner Mauer mitgewirkt habe, erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz.
Er ermunterte die Gläubigen, die neuen Heiligen in ihr persönliches Gebet einzuschließen. Beide seien "weit mehr als nur Persönlichkeiten der Zeitgeschichte", sondern vielmehr "lebendige Zeugen des Glaubens auf dem Weg der Kirche".
Der Kardinal verwies auch auf den Humor von Johannes Paul II. Als Beispiel führte er ein persönliches Erlebnis aus dem Jahr 1999 an. Als damals bei der Weltbischofssynode im Vatikan Marx' Mikrofon versagt habe, habe Johannes Paul II. ausgerufen: "Der Marxismus ist kaputt." Das geistliche Tagebuch von Johannes XXIII. bezeichnete Marx als einen "wichtigen Impulsgeber" für seine eigene Berufung zum Priester.
Vatikansprecher: 800.000 Teilnehmer bei Heiligsprechung
An der Heiligsprechungsmesse für die beiden Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. haben nach Vatikanangaben rund 800.000 Menschen teilgenommen. Davon hätten sich rund 500.000 auf dem Petersplatz und in den anschließenden Straßen befunden, teilte Sprecher Federico Lombardi zum Abschluss der Feier mit. Die übrigen hätten die Zeremonie an verschiedenen Plätzen Roms über Bildschirme verfolgt. Die Stadt Rom hielt unterdessen an ihrer seit Beginn der Messe genannten Zahl von einer Million Teilnehmern fest.