Das teilte die Royal Commission laut australischen Medien am Montag mit. Zuvor hatte ein Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission den früheren Erzbischof von Sydney und jetzigen Finanzchef des Vatikan als "unhaltbar" bezeichnet. Der Vatikan nahm Pell umgehend in Schutz.
Peter Saunders, eines von zwei Missbrauchsopfern in der von Papst Franziskus eingerichteten Kinderschutzkommission, hatte Pell in einem Fernsehinterview am Sonntag "hart, kaltherzig, fast soziopathisch" genannt. Der Kardinal sei mit einigen teils später zurückgezogenen Leugnungen, von Missbrauchsfällen gewusst zu haben, ein "massiver Stachel im Fleisch" des Papstamtes. Franziskus müsse den Kardinal aus dem Vatikan entfernen. "Ich persönlich denke, dass er unhaltbar ist", sagte Saunders dem australischen Sender Nine Network.
Vatikan stellt sich hinter Pell
Ein Sprecher Pells nannte die Anschuldigungen "falsch und irreführend". Saunders habe sich sein Urteil gebildet, "ohne jemals mit Seiner Eminenz gesprochen zu haben". Pell sei als Erzbischof von Anfang an "energisch gegen sexuellen Missbrauch von Kindern vorgegangen" und habe eine unabhängige Untersuchung ermöglicht. Gegen die Äußerungen Saunders werde Pell rechtliche Hilfe suchen.
Der Vatikan stellte sich am Montag hinter Pell. Presseamtssprecher Federico Lombardi erklärte, Saunders spreche selbstverständlich nicht im Namen des Gremiums. Dass sich Kardinal Pell gegen die Vorwürfe wehre, verdiene "Respekt". Pell habe stets "genau und wohlbegründet" auf Anklagen und Fragen der australischen Behörden geantwortet.
Kommission bittet Pell um Teilnahme an Anhörung
Die staatliche Untersuchungskommission für den Umgang mit Missbrauchsfällen in Institutionen in Australien teilte am Nachmittag mit, üblicherweise würden Zeugen vorgeladen; dies sei bei Personen mit Wohnsitz im Ausland nicht möglich. Als Mitarbeiter des Heiligen Stuhls besitzt Pell auch einen Vatikanpass.
Die Kommission habe jedoch ein Schreiben von Pell erhalten, in dem er sich bereit erkläre, "nach Australien zu kommen, um auszusagen". Dementsprechend wolle man ihn bitten, an der zweiten Runde von Anhörungen in Ballarat im Lauf des Jahres teilzunehmen. Ein konkretes Datum nannte die Kommission nicht.
Vorwurf der Schweigegeld-Zahlung
In der vergangenen Woche hatte Kurienkardinal Pell angeboten, sich persönlich gegen den Vorwurf einer Schweigegeld-Zahlung zu verteidigen. Hintergrund ist die Beschuldigung, Pell habe dem sexuell missbrauchten Neffen des später verurteilten pädophilen Priesters Gerald Ridsdale Geld angeboten, wenn er seine Anschuldigungen fallenlasse. Diese Darstellung hatte Pell bereits zuvor zurückgewiesen.
Der 73-jährige Pell ist seit Februar 2014 Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariates und damit eine Art Finanzminister des Vatikan. Zudem gehört er der von Papst Franziskus eingesetzten Kardinalskommission für eine Reform der römischen Kurie an.