Der finnische Krisendiplomat Martti Ahtisaari erhält Friedensnobelpreis

Der Friedensvermittler

Lorbeeren hat Martti Ahtisaari in seiner langen Karriere schon viele bekommen. "Einer der besten Vermittler der heutigen Zeit", nannte ihn etwa der französische Ex-Außenminister Philippe Douste-Blazy. Der Meinung ist auch das norwegische Nobelkomitee: Es zeichnet den 71-jährigen Finnen mit dem Friedensnobelpreis aus - die höchste Ehre für jemanden, der unermüdlich Krieg zu vermeiden und Krisen zu lindern versucht.

Autor/in:
Von Isabel Guzman und Natalia Matter
 (DR)

Ahtisaari habe zu einer friedlicheren Welt und zu Brüderlichkeit zwischen Nationen im Geiste des Preisstifters Alfred Nobel beigetragen, begründete das Nobelkomitee in Oslo die Vergabe. "Ich bin kein Magier", sagte Ahtisaari, finnischer Präsident von 1994 bis 2000, einmal bescheiden. Er wolle vor allem eines: Konflikte am Verhandlungstisch lösen, und wenn es dafür Jahre brauche.

Die braucht es in der Tat manchmal. Seine letzte Mission endete gegen den Widerstand Serbiens und Russlands mit der Unabhängigkeit des Kosovos - seiner Meinung nach letztendlich die einzige Lösung. Aber es war ein langes und zähes Ringen bis dahin. Allerdings: "Geduld gehört zu Ahtisaaris größten Stärken", sagt der finnische EU-Parlamentarier und frühere enge Ahtisaari-Mitarbeiter Lasse Lehtinen. Nicht von ungefähr ist der korpulente Mann mit der ruhigen Stimme passionierter Angler. Als politischer Berater gilt er als ebenso beharrlich wie objektiv: "Er hat das große Ganze im Blick", sagt Lehtinen.

Elitär und wenig bürgernah
Am 23. Juni 1937 im heute russischen Wyborg geboren, floh Ahtisaari in den Wirren des Zweiten Weltkriegs mit seiner Familie nach Ostfinnland. Mit 22 Jahren ging er als Junglehrer nach Pakistan. Später studierte er in Helsinki an der Handelshochschule und startete eine Karriere im finnischen Außenministerium.

Sein diplomatisches Geschick war es, das die Sozialdemokraten 1993 veranlasste, ihn zu ihrem Präsidentschaftskandidaten zu machen. Diese Gabe hatte er bereits bewiesen, als er 1989 eine wichtige Rolle bei den Unabhängigkeitsverhandlungen für Namibia einnahm. Seine sechsjährige Amtszeit in Finnland verlief allerdings weniger reibungslos. Er galt als elitär und wenig bürgernah. Auch seine Reiselust sahen die Finnen mit Stirnrunzeln.

Erst 1999, während des Kosovo-Konflikts, änderte sich sein Image schlagartig. Ahtisaari war es, der den jugoslawischen Machthaber Milosevic dazu brachte, dem Friedensplan von NATO und Russland zuzustimmen und seine Truppen zurückzuziehen. Später gründete er die Organisation "Crisis Management Initiative" und übernahm verschiedene heikle Aufgaben. So untersuchte er im EU-Auftrag die Menschenrechtslage in Österreich, nachdem die rechtspopulistische FPÖ 2000 Teil der Regierung geworden war.

Irak und Indonesien
Einer seiner wichtigsten Vermittlungserfolge gelang dem Finnen Mitte August 2005. In der indonesischen Krisenprovinz Aceh wurden dank seiner Bemühungen rund 30 Jahre Bürgerkrieg formell beendet.

Damit konnte in der Region, die durch den Tsunami Ende 2004 schwer verwüstet worden war, der längst überfällige Wiederaufbau beginnen. In diesem Jahr hat er sich für eine friedliche Lösung der Probleme im Irak eingesetzt.

Seine Erfolge hätten gezeigt, wie wichtig Vermittlung bei der Bewältigung internationaler Konflikte sein kann, erklärte das Nobelkomitee. Mit dem Preis wollten sich bewirken, dass andere sich von Ahtisaari inspirieren lassen.

Die Gratulanten
Bundespräsident Horst Köhler gratulierte Ahtisaari in Namen des deutschen Volkes und schrieb dem Geehrten: «Mit politischem Gestaltungswillen und sanfter Überzeugungskraft haben Sie es verstanden, Brücken zwischen gegnerischen Lagern zu bauen.» Auch Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich erfreut über die Ehrung Ahtisaaris. «Mit der Auszeichnung belohnt das Nobelpreiskomitee ein Lebenswerk und einen Menschen, der sich wahrlich um den Frieden in der Welt verdient gemacht hat», schrieb sie an den Preisträger.

Ahtisaari habe bewiesen, dass es möglich sei, mit Weitsicht, Beharrlichkeit, Geschick und Überzeugungskraft für schwierige Konflikte friedliche Lösungen zu finden.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
gratulierte: Der finnische Ex-Präsident habe sich weltweit großen Respekt erworben. «Eine - wie ich finde - besonders schöne Auszeichnung haben Sie dabei für Ihren Einsatz bei der Unabhängigkeit Namibias erhalten, als eine Schule nach Ihnen benannt wurde.»

UN-Generalsekretär Ban würdigte Ahtisaari als unermüdlichen Kämpfer für Frieden, Entwicklung und Menschenrechte. Ahtisaari habe sich in seiner langen internationalen Karriere immer für die Ideale der Vereinten Nationen eingesetzt, erklärte Ban in New York.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannte Ahtisaari einen «sehr engagierten Europäer». «Sein exzellentes Verhandlungsgeschick war entscheidend für die Friedensgespräche im Kosovo 1999.»

Die Friedensorganisation «International Crisis Group» gratulierte ihrem früheren Vorsitzenden Ahtisaari. Mit der Vergabe an den Finnen sei der Preis wieder zu seinen Wurzeln als Auszeichnung für Engagierte für Frieden und Sicherheit zurückgekehrt.

Ahtisaari sagte, in seiner Vermittlerkarriere sei die Zeit, in der er sich für die Unabhängigkeit Namibias eingesetzt habe, die wichtigste Erfahrung gewesen, «weil es so lange gedauert hat». Die Verhandlungen zogen sich von 1977 bis 1990 hin.