Fragwürdiger Wahlkampf in Afghanistan - Geheimdienste befürchten "iranische Verhältnisse"

Es wird getrickst und gemogelt

Vertreter westlicher Geheimdienste befürchten bei der Präsidentenwahl in Afghanistan am 20. August "iranische Verhältnisse". Schon beim jetzt begonnenen Wahlkampf zeichne sich ab, "dass getrickst, gemogelt und gefälscht wird". Die Wahl am Hindukusch könnte zu einer Farce werden.

Autor/in:
Friedrich Kuhn
 (DR)

Auch deutsche Geheimdienstler zweifeln daran, dass es bei der Wahl fair, frei und transparent zugehen wird. Karsai, der einstige Hoffnungsträger der USA in Afghanistan, habe "schon alles mit allen Mitteln getan, um im Amt bleiben zu können", erklärte ein deutscher Geheimdienstler. Karsai schrecke "vor nichts zurück, um die Macht zu behalten". Er habe Widersacher und Konkurrenten auf seine Seite gezogen, indem er ihnen hohe Dollarsummen und einflussreiche Posten in einer neuen "Regierung Karsai" versprochen habe.

Die Vereinten Nationen äußerten sich "bestürzt", dass Karsai bereits dem 2004 geschassten Verteidigungsminister Mohammed Fahim den Posten des ersten Vizepräsidenten angeboten hat. Fahim steht im Verdacht, gute Beziehungen zu Kidnapper- und Unterwelt-Banden in Kabul zu unterhalten. Karsai soll sogar nach Geheimdienstberichten in aller Stille Abmachungen mit Anführern der Taliban und Kriegsfürsten im Süden Afghanistans geschlossen haben, die für "Wahlgeschenke" zu seiner Stimmenmehrheit beitragen sollen.

"Bürgermeister von Kabul" und als "Marionette" der USA?
Mit einem von der westlichen Welt heftig kritisierten Gesetz über die Einschränkung von Frauenrechten kam der Paschtune Karsai den radikal-islamischen Wählern und Schiiten entgegen. Karsai schränkte die in Afghanistan mühsam errungenen Frauenrechte wieder ein und verschaffte den Männern fast unumschränkte Herrschaftsrechte über die Frau. Der Aufforderung des Westens, das Gesetz ungehend zu annullieren, kam Karsai bis heute nicht nach. Er erklärte lediglich, über die Rücknahme des Gesetzes "nachdenken" zu wollen.

Karsai, auf den schon viele Anschläge verübt worden sind, hat sich in seinem Palast im Zentrum Kabuls "eingeigelt". Er wird seit langem nur noch als der "Bürgermeister von Kabul" und als "Marionette" der USA angesehen. Seine Regierung gilt als korrupt und hilflos. Der Bruder von Karsai, Ahmed Wali, soll einer der führenden Drogenbosse sein und für Karsai die Verbindungen zu den Warlords und zwielichtigen Stammesfürsten halten. "Darüber, was in Afghanistan an Dollars verschwindet, kann sich keiner ein Bild machen", erklärte ein CIA-Mann. "Und mit Dollars und Postenschacher wird Karsai die Wahl wohl gewinnen".

Auch Kurioses fehlt nicht
Es gibt 43 Bewerber um das Präsidentenamt. 17 Millionen Afghanen haben sich für die Wahl registrieren lassen. In Teilen Afghanistans gibt es nach Berichten von Wahlbeobachtern einen regen Handel mit den Ausweisen für den Urnengang. Auch Kurioses fehlt nicht. So tauchte eine Wählerkarte von Britney Spears mit ihrem Konterfei auf. Die Taliban haben alle Afghanen gewarnt. Jeder Wähler sei bei der Stimmabgabe ein "legitimes Ziel für Angriffe". Die Geheimdienste hegen mit Blick auf die Unruhen nach der Wahl im Iran Befürchtungen, dass es nach dem Wahlgang am Hindukusch "ähnlich zugehen könnte".

Karsai, dem US-Präsident Barack Obama das Vertrauen entzogen hat, wird trotzdem als "unschlagbar" angesehen, weil sich zu ihm bisher keine echte Alternative gezeigt hat. "Karsai laviert so geschickt mit Bestechung und Ämterversprechen, dass ihm bis jetzt kein anderer wirklich Paroli bieten kann", meinte ein CIA-Experte. Wenn Karsai auf diese Weise wiedergewählt werden sollte, werde er aber noch schwächer sein, weil ihn die von ihm "ruhig gestellten und gefügig gemachten Gegner im Nachhinein im Spinnennetz gefangen halten werden". Nach einer so verlaufenen Wahl werde sich Afghanistan weiter destabilisieren, hieß es vonseiten der CIA.