Sternsinger-Brauch ist nun immaterielles Kulturerbe

Von Tür zu Tür

Um den 6. Januar herum klopfen Kinder und Jugendliche als Sternsinger verkleidet an viele Haustüren und sammeln Geld für Kinder in Not. Seit wann gibt es diesen Brauch und wie hat er sich entwickelt? Ein kleiner historischer Überblick.

Krone eines Sternsingers / © Fredrik Von Erichsen (dpa)
Krone eines Sternsingers / © Fredrik Von Erichsen ( dpa )

Der Brauch des Stern- oder Dreikönigssingens ist durch den Festtag der Heiligen Drei Könige am 6. Januar begründet. Als einziger der Evangelisten berichtet der Evangelist Matthäus von Männern, die aus dem Osten kommen, um das Kind anzubeten. Doch ist bei ihm weder von Königen noch von der Dreizahl die Rede. Erstmals spricht der griechische Kirchenlehrer Origines (+ um 254) von drei Magiern. Deren Zahl ist offenbar beeinflusst durch die Geschenke, die Matthäus erwähnt: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Die Bezeichnung der drei als Könige ist indes erst seit dem 6. Jahrhundert nachweisbar. Drei Jahrhunderte später erhalten die Könige Namen: Caspar, Melchior und Balthasar.

Reliquien im Kölner Dom

Die Reliquien der Drei Könige sollen durch Kaiserin Helena (+ 330), Mutter des ersten christlichen römischen Kaisers Konstantin (um 280 - 337), aufgefunden worden sein. Sie gelangten nach Konstantinopel und wurden – einer Legende nach - von dort durch Bischof Eustorgius I. im 4. Jahrhundert nach Mailand verbracht. Sie ruhten in einem großen römischen Sarkophag in San Eustorgio. Als Kaiser Friedrich Barbarossa 1162 Mailand eroberte und zerstörte, bemächtigte er sich auch der Reliquien der Stadt. Die Reliquien der Heiligen Drei Könige überließ er seinem Kanzler, dem Kölner Erzbischof Rainald von Dassel (1159 - 1167), der sie am 23. Juli 1164 (Fest der Translation) feierlich in die Stadt Köln überführte. Hier wurde 1180 - 1225 durch den „Meister von Verdun" für die Reliquien ein kostbarer Reliquienschrein angefertigt, der größte erhaltene des gesamten Mittelalters. Er wurde Anlass zum Bau der Kölner gotischen Kathedrale, für die 1248 der Grundstein gelegt wurde. 1904 wurde ein Teil der Reliquien vom Erzbistum Köln an Mailand zurückgegeben.

Eine Hochblüte erlebte das Drei-Königs-Fest im 15. Jahrhundert. 1364, 200 Jahre nach der Überführung der Gebeine nach Köln, hatte der Karmelitermönch Johannes von Hildesheim eine umfassende Legende verfasst, in der bereits vom Brauch die Rede ist, hinter einem vorweg getragenen Stern zu ziehen.

Ursprünge des Sternsingens

Nach heutigem Erkenntnisstand lässt sich das Sternsingen der Jugendlichen und Kinder am Dreikönigstag bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen, wo es sich im Zuge der Gegenreformation ausbreitete. Den Quellen nach haben Kloster- und Chorschüler an Bischofssitzen, Klöstern und Stiften den Brauch eingeführt. Mit Alben, Kronen, Weihrauchfass und drehbarem Stern versehen, zogen die Sänger von Haus zu Haus, trugen überlieferte Sprüche und Lieder vor und erheischten Gaben. Die reformatorische Kritik an der Verehrung der Könige fand so im Sternsingen und in Dreikönigsspielen eine katholische Antwort.

Nach Erhalt eines kleinen Geschenks wurde an oder über der Haustür mit weißer Kreise die neue Jahreszahl mit dem Buchstaben C, M und B in der Form „20+C+M+B+14“ angeschrieben. Abgekürzt waren das die Namen der Heiligen Drei Könige, die nach dem verbreiteten Aberglauben Geister und Dämonen abwehren sollten.

Wiederbelebung des Brauchs

Nachdem der alte Brauch der Sternsingens im 18./19. Jahrhundert weitgehend untergegangen war, wurde 1958 in Deutschland die Aktion Dreikönigssingen durch das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ und den Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) begründet. Aus kleinsten Anfängen ist die weltweit größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder entstanden. In Form von kleinen Sternsingergruppen in Kostümen der Drei Könige sammeln abertausende Kinder auf Ebene ihrer Pfarrei an den Haustüren und schreiben dann Die Jahreszahl über die Haustüre, die jetzt ein Segensspruch ist: Christus Mansionem Benedicat – Christus segne dieses Haus.

Hatten die früheren Sternsinger die erheischten Gaben für sich gebraucht, geben die Sternsinger heute das gesammelte Geld ab. Rund 814 Millionen Euro wurden seither gesammelt, über 63.000 Projekte und Hilfsprogramme für Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa unterstützt. Mit den Mitteln fördert die Aktion Dreikönigssingen weltweit Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Pastoral, Ernährung, soziale Integration und Rehabilitation sowie Nothilfe. Über die Mittelverwendung wird jedes Jahr öffentlich Rechenschaft gegeben

Offen für evangelische Kinder

Das Sternsingen ist zwar eine katholische Aktion – aber in ökumenischer Offenheit natürlich auch für evangelische Kinder offen, die teilnehmen möchten, was seit langem geschieht. Die große Anerkennung und Wertschätzung, die die Aktion seit langem in der Öffentlichkeit erfährt (jährliche Einladung ins Bundeskanzleramt, Empfänge beim Bundespräsidenten und im Europäischen Parlament) würdigen vor allen Dingen auch die Dimension ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements. Die in ihrer Vielschichtigkeit von politischen, pädagogischen, religiösen und Brauchtums-Elementen einzigartige Aktion ist ein lebendiges Beispiel für die zeitgemäße Pflege eines immateriellen Kulturerbes.

 


Sternsinger  / © Patrick Seeger (dpa)
Sternsinger / © Patrick Seeger ( dpa )