Stimmen zum Abschluss des Birlikte-Festivals in Köln

Eintreten gegen Rechts

Unter dem Motto "Zusammenstehen" haben am Pfingstwochende Zehntausende auf der Kölner Keupstrasse ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt. Unter anderem forderte Bundespräsident Gauck ein entscheidendes Eintreten gegen Rechts.

Birlikte-Festival friedlich beendet (dpa)
Birlikte-Festival friedlich beendet / ( dpa )

"Birlikte", das ist das türkische Wort für "Zusammenstehen". Unter diesem Motto stand das dreitägige Kulturfest rund um Keupstraße, das am Samstag begonnen hatte. Dort war am 9. Juni 2004 eine mit Nägeln gespickte Bombe explodiert. 22 Menschen wurden bei dem Anschlag, hinter dem die rechtsextremistische Terrororganisation NSU vermutet wird, zum Teil schwer verletzt. Die Polizei hatte einen rechtsextremistischen Hintergrund jahrelang ausgeschlossen und die Täter in der türkischen Gemeinschaft vermutet.

Mit Courage gegen Rechts

Bundespräsident Joachim Gauck rief beim Begegnungsfest zu couragiertem Eintreten gegen Rassismus auf. "Im Alltag kann und muss jeder von uns etwas tun, damit Vorurteile und Hass das Miteinander der Vielen und der Verschiedenen nicht vergiften", sagte der Bundespräsident. Gauck sprach bei der großen Abschlusskundgebung des "Birlikte"-Festivals am Montag, bei der auch bekannte Musiker wie Udo Lindenberg und die Band BAP auftraten.

Gauck traf bei seinem Köln-Besuch auch Opfer von damals und dankte ihnen, dass Deutschland nicht verlassen haben. Er erinnerte an ihr Leid durch den Terrorakt und die falschen Verdächtigungen. "Wir denken heute auch daran, wie viele Betroffene sich später alleingelassen oder sogar als Verdächtige behandelt fühlen mussten, wie viel Misstrauen damals gesät wurde", sagte er. Auch er habe erst spät erkannt, "dass ein menschenfeindlicher Fanatismus umgeschlagen war in Mord - ein böses Erwachen war das!"

Kritik an Arbeit der Behörden

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas äußerte sein Bedauern über die schweren Ermittlungspannen. "Ich schäme mich dafür, dass es der deutsche Staat über so viele Jahre nicht geschafft hat, dass unbescholtene Bürger besser beschützt worden sind", sagte Maas am Montag in Köln. Der Minister betonte, dass es noch zu früh sei für eine Entscheidung, ob nach einem ersten Bundestags-Untersuchungsausschuss zum NSU noch ein weiterer Ausschuss nötig sei. Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, nannte es einen "Skandal, dass die Hintergründe der NSU-Verbrechen nach wie vor nicht restlos aufgeklärt sind". Auch ein radikaler Schnitt beim Bundesamt für Verfassungsschutz in personeller und struktureller Hinsicht lasse weiterhin auf sich warten, kritisierte er.

Muslimvertreter und Kirchen fordern Taten

Der Zentralrat der Muslime forderte ebenfalls eine lückenlose Aufarbeitung der NSU-Mordserie. Es sei begrüßenswert, dass zum Jahrestag ein großer Teil Kölns sich mit den Opfern solidarisiert habe, erklärte der Zentralrat am Wochenende. Doch so wichtig sei es auch, dass sich die gesamte Gesellschaft den schmerzhaften Erkenntnisse und Lehren aus den Terroranschlägen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) stellt und die Opfer vollständig entschädigt.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, sieht im NSU-Terror eine Folge rechtsextremen Denkens. "Wir haben durch den Terror der NSU gesehen, welche Wirkungen ein Ungeist zeitigt, der Menschen nach ethnischer Herkunft bewertet und sortiert", sagte Rekowski in einem Gottesdienst in Köln. Wenn der Geist der Gemeinschaft, der in allen Menschen Ebenbilder Gottes sehe, durch diesen Ungeist ersetzt werde, dann werde das Leben für Minderheiten zur Hölle.

 


Quelle:
epd