Von Goldgelb bis Rostrot, Orange, Blassgrün, Braun präsentieren sich die Herbstblätter an den Bäumen und schließlich auf dem Boden. Das Blatt als einzelnes, in der Gruppe, im Haufen am Baum oder am Boden - der Herbst kann weitaus mehr als trist und dunkel sein.
Zwischen Sonnenuntergang und Nacht
Besonders zur Zeit der abendlichen Dämmerung werden wir in dieser Jahreszeit Zeugen einer regelrechten Farbexplosion am Himmel: Der blauen Stunde.
Nach Sonnenuntergang und vor dem Eintritt der nächtlichen Dunkelheit sind es etwa dreißig Minuten, in denen wir einen tiefblauen Himmel bestaunen können, der von Schriftstellern und Dichtern immer schon mit melancholischen Gefühlen assoziiert wird.
Ingeborg Bachmann zum Beispiel schreibt:
'Der alte Mann sagt : mein Engel, wie du willst,
wenn du nur den offenen Abend stillst
und an meinem Arm eine Weile gehst,
den Wahlspruch verlorener Linden verstehst,
die Lampen, gedunsen, betreten im Blau,
letzte Gesichter! Nur deins glänzt genau.'
Im Wissen um das unaufhaltsame Verrinnen der Zeit wird die blaue Stunde in der Lyrik zu einer Art Konzentrat: Das fast erdrückende und intensive Blau hat viele Dichter und Denker dazu inspiriert, sie als Hoffnungsstunde zu bezeichnen und ihr eine besondere Wirkung zuzusprechen.
'Dämmerungsrechner'
Die blaue Färbung ist übrigens zwei mal am Tag, also auch während der Morgendämmerung zu sehen. Mit einem sogenannten "Dämmerungsrechner" kann man sie nach Breiten- und Längengrad sogar rechnerisch bestimmen. Am heutigen Sonntag beginnt sie etwa um 17:20 Uhr und dauert 34 Minuten.