Theologin sieht eindeutige Indizien für Diakoninnenweihe

Blick in die Vergangenheit für die Zukunft

Die Debatte um die Weihe von Frauen in der Kirche dauert schon Jahrzehnte. Was Diakoninnen betrifft, muss sich die katholische Kirche an ihre eigene Geschichte erinnern, sagt die US-Theologin Phyllis Zagano in einem Gastkommentar.

Autor/in:
Phyllis Zagano
Gotteslob und Stolas liegen in den Kirchenbänken / © Harald Oppitz (KNA)
Gotteslob und Stolas liegen in den Kirchenbänken / © Harald Oppitz ( KNA )

Winston Churchill sagte bekanntlich: "Wer die Geschichte vergisst, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." Wenn die katholische Kirche die Geschichte vergisst, ist sie schlicht dem Untergang geweiht.

Franziskus hält seine wöchentliche Generalaudienz auf dem Petersplatz.  / © Gregorio Borgia/AP (dpa)
Franziskus hält seine wöchentliche Generalaudienz auf dem Petersplatz. / © Gregorio Borgia/AP ( dpa )

Papst Franziskus hat kürzlich einen Brief mit dem Titel "Über die Erneuerung des Studiums der Kirchengeschichte" herausgegeben. Und doch: Franziskus selbst scheint die Geschichte der Diakoninnenweihe vergessen zu haben.

Kennt der Papst die Kirchengeschichte nicht?

Als er im vergangenen Frühjahr in einem Interview mit Norah O'Donnell von CBS News sprach, fragte sie, ob junge Mädchen eines Tages Diakone werden könnten. Er antwortete: "Nein. Wenn es sich um Diakone mit heiligen Weihen handelt, nein. Aber Frauen hatten schon immer, würde ich sagen, die Funktion von Diakonissen, ohne Diakone zu sein, oder?"

Falsch. Mehr als 1.000 Jahre lang dienten Frauen je nach Sprache als Diakoninnen oder Diakonissen. Die einzige Person in der Heiligen Schrift, die als Diakon bezeichnet wird, ist die heilige Phöbe, die als Abgesandte des heiligen Paulus nach Rom reiste und seinen Brief an die Römer überbrachte.

Blick ins Missale Romanum / © travelarium.ph (shutterstock)
Blick ins Missale Romanum / © travelarium.ph ( shutterstock )

Als die Kirche sich entwickelte, wurden Diakoninnen während der Messen geweiht, ebenso wie männliche Diakone. Die Regeln für den Ablauf der Weihe-Liturgie, die die Bischöfe im Laufe der Jahrhunderte zur Ordination von Frauen zum Diakon verwendeten, entsprechen den Standards für die sakramentale Weihe, die vom Konzil von Trient im 16. Jahrhundert festgelegt wurden. Diese Frauen werden in schriftlichen Dokumenten namentlich genannt und ihre Namen sind auf Grabsteinen überall in den Ländern des frühen Christentums eingraviert.

Was ist passiert? 

Die Kirche hörte schließlich auf, Personen zum Diakonat als Dauerberuf zu weihen, weil der Männerdiakonat für ehrgeizige Priester zu einem Stolperstein geworden war. Im frühen Mittelalter verwalteten Diakone und Erzdiakone kirchliche Gelder und Wohltätigkeitsorganisationen und traten mit ihrer Verwaltungskompetenz oft die Nachfolge ihrer Bischöfe an. Mehr als 30 Päpste der frühen Kirche wurden nie zum Priester geweiht!

Die Lösung bestand darin, dass jeder Mann, der zum Diakon geweiht wurde, auf dem Weg zum Priestertum sein musste. Da Frauen nie Priester waren, hatten Frauen keinen Anspruch auf das Diakonat.

Was folgt nach der Weltsynode?

Viele Delegierte der kürzlich zu Ende gegangenen Weltsynode zur Synodalität, dem vatikanischen Gipfel zur Zukunft der Kirche, machten deutlich, dass ihrer Meinung nach der Diakonat für Frauen geöffnet werden sollte. Das Beste, was ihnen angeboten wurde, war die Zusage, dass das Thema für weitere Studien offen sei. 

Papst Franziskus und Teilnehmer beim Abschluss der Beratungen während der Weltsynode am 26. Oktober 2024 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Teilnehmer beim Abschluss der Beratungen während der Weltsynode am 26. Oktober 2024 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Auch wenn das Thema immer noch zur Diskussion steht – das Abschlussdokument der Synode ist jetzt die lehramtliche Lehre – es steht vor uns wie eine päpstliche Mauer. Wie Papst Franziskus zu O'Donnell sagte: "Frauen leisten als Frauen einen großen Dienst, nicht als Geistliche, als Geistliche im Sinne der Heiligen Weihen."

Er scheint die Tür zur Wiederherstellung der kirchlichen Diakonentradition zugeschlagen zu haben und gleichzeitig den Rückzug von Frauen und Männern aus der Katholischen Kirche weltweit zu beschleunigen.

Ja, die katholische Bevölkerung wächst in den Entwicklungsländern, aber die Kirchenleitung und die Wohltätigkeitsorganisationen werden durch Spenden aus Ländern unterstützt, in denen wohlhabende und weniger begüterte Menschen zur Gleichheit aller Menschen in der Taufe erzogen wurden. Sie sind dabei, die Kirche zu verlassen.

Was ist zu tun?

Hier müssen die Worte von Papst Franziskus angewandt werden: "Ein richtiges Geschichtsbewusstsein kann jedem von uns helfen, einen besseren Sinn für Proportionen und Perspektiven zu entwickeln, um die Realität so zu verstehen, wie sie ist, und nicht so, wie wir sie uns vorstellen oder wie wir sie gerne hätten.“


Zur Person: Phyllis Zagano, Ph.D. ist eine internationale Expertin für die Forschung zu Diakoninnen und ehemaliges Mitglied der ersten päpstlichen Kommission zur Erforschung des Diakonats von Frauen. Sie hat einen Forschungsauftrag an der Hofstra University in Hempstead, New York, inne.

Der englische Originaltext erschien zuerst bei Religion News Service, dies ist die deutsche Erstveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung. 

Quelle:
DR