Bei der feierlichen Ernennung zum Kardinal stach Timothy Radcliffe nicht nur durch seine Körpergröße hervor: Als einer der wenigen der 21 Geistlichen trug der Dominikanerpater nicht "Kardinalsrot", sondern Weiß.
"Papst Franziskus hat von sich aus gesagt, dass ich weiter mein Ordensgewand tragen darf", sagte der 79-Jährige vor Journalisten im Vatikan. "Dass sich Ordensmänner als Kardinäle voll in Rot kleiden müssen, ist sehr neu", so Radcliffe. "In meinem weißen Habit fühle ich mich mehr wie ich selbst."
Mehrere verzichten auf das Kardinalsrot
Bei der Feier am Samstag im Petersdom trug auch der Dominikaner und Erzbischof von Algier, Jean-Paul Vesco (62), ebenfalls das weiße Ordensgewand. Der indische Priester George Jacob Koovakad (51), Reisemarschall des Papstes ohne Bischofswürde, nahm die Kardinalsinsignien im schwarzen Priesterhabit entgegen, während Bischof Mykola Bychok (44) von der ukrainischen Eparchie in Melbourne den seiner kirchlichen Tradition entsprechenden weinroten Umhang trug.
Kardinäle spiegeln Vielfalt der Kirche
Das Kardinalskollegium, das seit Samstag 253 Männer aus aller Welt umfasst, sei keine homogene Gruppe, sagte Radcliffe. "Der Papst will einen Beraterstab, der die enorme Vielfalt der katholischen Kirche spiegelt. Damit sind Überraschungen sicher."
Auch die Welt stehe vor grundlegenden Veränderungen, so der Ordensmann. "1989 fiel die Berliner Mauer und wir dachten, die ganze Welt sei auf dem Weg Richtung einer westlichen freien Demokratie - weit gefehlt." Heute träten Länder wie China, Russland oder Indien nach vorne.
"Die große Herausforderung für die ganze Welt ist jetzt, welche Vision wir für die Menschheit wählen - es wird jedenfalls keine westliche mehr sein." In einer Welt voller Krieg, Gewalt und sozialer Ungerechtigkeit sei die Kirche als globale Institution aufgerufen, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen, sagte Radcliffe.
Schönes ruhiges Rentnerleben ist dahin
Innerhalb der Kirche sei es das Wichtigste, dass Frauen stärker gehört werden, was immer mehr passiere, so der Theologe. "Es gibt so viele Theologinnen, auch im Vatikan. Das ist wunderbar!"
Über seine Berufung zum Kardinal staune er noch immer, sagte der Ordensmann. "Vor dreieinhalb Jahren war ich schwer krebskrank und wusste nicht mal, ob ich eine Operation überleben würde", berichtete er.
"Nach der Op dachte ich, ich könnte jetzt ein schönes ruhiges Rentnerleben haben. Aber plötzlich bin ich wieder mittendrin. Was das für die Zukunft heißt - keine Ahnung. Ich werde dem Papst dienen, was immer er von mir erwartet."