Doch einige Länder müssen das Volk befragen oder haben keine Mehrheit

Bund und Länder wollen Schulden-Null ab 2020

Die Idee klingt gut: Bund und Länder werden ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen. Grundlage dafür soll ein geänderter Artikel 109 Grundgesetz sein: "Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen." Lediglich bei Naturkatastrophen oder in Wirtschaftskrisenzeiten könne davon abgewichen werden. Der Haken ist nur, dass alle 16 Bundesländer diese Regel in ihre jeweilige Landesverfassung übernehmen müssen - und in mehreren Bundesländern Volksentscheide dazu nötig sind. Ausgang nicht sicher.

Autor/in:
André Spangenberg
 (DR)

Über diese Hürden ist sich Kommissionsvorsitzender Günther Oettinger (CDU) im Klaren. Daher baut der baden-württembergische Regierungschef am Freitag beim Zeitrahmen vor und weist darauf hin, dass selbst für den Bund eine solche Regelung "frühestens" zum 1.1.2011 in Kraft treten kann. "Früher geht es haushaltstechnisch nicht", sagt er. Sein Ko-Vorsitzender in der Föderalismuskommission, SPD-Fraktionschef Peter Struck, fügt hinzu, dafür müsse aber spätestens im Juli der Bundesrat eine Verfassungsänderung beschließen. Hier wird, so wie im Bundestag, eine Zweidrittelmehrheit benötigt - mit der FDP als Königsmacher.

Zweites Problem ist, dass der Bund eine andere Regelung erhalten soll als die 16 Bundesländer. Den Planungen zufolge ist für die Länder ab 2020 die rigide "Schulden-Null" vorgesehen, der Bund hingegen hat auch künftig einen Verfassungsspielraum von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das sind derzeit etwa 8,5 Milliarden Euro für die Nettokreditaufnahme. Und das soll nicht nur in Zeiten von Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen gelten. Die Opposition im Bundestag mag Strucks Hoffnung nicht so recht teilen, dass der Bund ab 2020 von allein die "Null-Nummer" zieht.

"Nicht in ein Fass ohne Boden investieren"
Ursprünglich sollten auch die Länder eine weichere Regelung bekommen - und neue Schulden bis zur Grenze von 0,15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen können. Allerdings wollte Bayern als eines der größten Geberländer für den Konsolidierungsfonds mit geschätzten 60 Millionen Euro pro Jahr "nicht in ein Fass ohne Boden investieren". Diese Grenze der Neuverschuldung wurde daraufhin in der Föderalismuskommission auf Null gesetzt - wenngleich von 2018 auf 2020 etwas der Zeithorizont gestreckt wurde.

Bremen, eines wegen seiner finanziellen Notlage vor dem Bundesverfassungsgericht klagenden Länder, kann sich damit relativ leicht anfreunden. Hatte es zu Spitzenzeiten 800 Millionen Euro Schulden gemacht, wären diese 0,15 Prozent BIP umgerechnet etwa 27 Millionen. Das war, so sieht es Oettinger, "keine politisch relevante Größe", auf die man hätte beharren müssen.

In Berlin hingegen sieht es anders aus. Während Bremen aus dem neuen "Soli-Topf" jährlich mit bis zu 300 Millionen Euro zusätzlich bedient wird, sind für die Bundeshauptstadt 63 Millionen Euro und damit die niedrigste Summe aller fünf "armen Länder" vorgesehen. Dafür aber müsste sich das Land weitere Schuldenbegrenzungen auferlegen - inklusive der Verfassungsänderung. "Dafür aber", so heißt es im rot-roten Senat, "gibt es derzeit keine Mehrheit".