Der Papst bahnt den Weg für Gespräche mit den Piusbrüdern - "Motu proprio" im Wortlaut

"Die Einheit der Kirche zu schützen"

Mit einem neuen päpstlichen Erlass hat Benedikt XVI. die kirchenamtlichen Voraussetzungen für den Dialog des Vatikan mit der Piusbruderschaft geschaffen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert das Motu proprio des Papstes in einer eigenen Übersetzung aus dem Lateinischen. Es trägt nach seinen lateinischen Anfangsworten den Titel "Ecclesiae unitatem" (Die Einheit der Kirche).

 (DR)

Apostolisches Schreiben aus eigenem Antrieb

Papst Benedikt XVI.

1. Die Einheit der Kirche zu schützen, damit allen die Mittel angeboten werden, um in geeigneter Weise auf diese Berufung und auf diese göttliche Gnade zu antworten, ist in besonderer Weise die Aufgabe des Nachfolgers des Apostels Petrus. Er ist das ewige und sichtbare Prinzip und Fundament der Einheit sowohl der Bischöfe wie der Gläubigen. Die erste und herausragende Aufgabe der Kirche aller Zeiten, die Menschen zur Begegnung mit Gott zu führen, muss durch das gemeinsame Glaubenszeugnis aller Christen unterstützt werden.

2. In treuer Erfüllung dieses Auftrags hat mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. am 2. Juli 1988, nachdem zuvor Erzbischof Marcel Lefebvre am 30. Juni 1988 vier Priestern illegal die Bischofsweihe erteilt hatte, die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei eingerichtet, «die die Aufgabe hat, mit den Bischöfen, den Dikasterien der Römischen Kurie und den betreffenden Gruppen zusammenzuarbeiten, um die volle kirchliche Gemeinschaft der Priester, Seminaristen, Ordensgemeinschaften oder einzelnen Ordensleuten zu ermöglichen, die bisher auf verschiedene Weise mit der von Erzbischof Lefebvre gegründeten Bruderschaft verbunden waren und die mit dem Nachfolger Petri in der katholischen Kirche verbunden bleiben wollen; dies geschehe unter Wahrung ihrer geistlichen und liturgischen Traditionen, gemäß dem Protokoll, das am vergangenen 5. Mai von Kardinal Ratzinger und Erzbischof Lefebvre unterzeichnet wurde».

3. In dieser Absicht und im treuen Dienst an der universalen Einheit der Kirche auch in ihrer sichtbaren Form sowie mit dem vollen Einsatz meiner Kräfte habe ich, damit jene, die die Einheit wirklich wollen, in ihr bleiben oder sie finden können, mit dem Motu proprio Summorum Pontificum den allgemeinen Inhalt des Motu proprio Ecclesia Dei erweitern und anpassen wollen, insofern es die Erlaubnis betrifft, das Römische Messbuch von 1962 gemäß genaueren und bestimmteren Normen zu gebrauchen.

4. Im selben Geist und von demselben Eifer motiviert, jeden Riss und jede Spaltung in der Kirche zu überwinden und eine Wunde zu heilen, die im Leib der Kirche als immer größerer Schmerz empfunden wird, habe ich entschieden, den vier von Erzbischof Lefebvre illegal geweihten Bischöfen die Exkommunikation zu erlassen. Mit dieser Entscheidung wollte ich ein Hindernis beseitigen, das die Öffnung einer Dialogtür beeinträchtigen könnte, und auf diese Weise die Bischöfe und die «Priesterbruderschaft St. Pius X.» einladen, dass sie den Weg zur vollen Einheit mit der Kirche wiederfinden.

Wie ich am 10. März im Brief an die katholischen Bischöfe erklärt habe, betraf die Rücknahme der Exkommunikation die kirchliche Disziplinarordnung, um die Betroffenen von der Gewissenslast zu befreien, die die schwerste Kirchenstrafe mit sich bringt. Aber es ist offensichtlich, dass die Fragen der Lehre bleiben, und bis zu ihrer Klärung hat die Bruderschaft kein kanonisches Statut in der Kirche, und ihre Geistlichen können kein Amt legitim ausüben.

5. Eben deshalb, weil die Fragen, die gegenwärtig mit der Bruderschaft behandelt werden müssen, im Wesentlichen die Lehre betreffen, habe ich - 21 Jahre nach dem Motu proprio Ecclesia Dei und gemäß dem, was ich angekündigt habe - beschlossen, die Struktur der Kommission Ecclesia Dei neu zu fassen, indem sie eng mit der Glaubenskongregation verbunden wird.

6. Deshalb wird die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei folgende Struktur erhalten:

a) Präsident der Kommission ist der Präfekt der Glaubenskongregation.

b) Die Kommission hat eine eigene Personalstruktur, mit einem Sekretär und Mitarbeitern.

c) Aufgabe des Präsidenten ist es, mit Unterstützung durch den Sekretär, die wichtigsten Vorgänge und lehrmäßigen Fragen den ordentlichen Instanzen der Glaubenskongregation zur Prüfung und Entscheidung vorzulegen und die Ergebnisse der höheren Entscheidung des Papstes zu übergeben.

7. Mit dieser Entscheidung habe ich gegenüber der «Bruderschaft St.
Pius X.» besondere väterliche Sorge zeigen wollen, damit sie wieder zur vollen Gemeinschaft mit der Kirche gelangt.

Alle lade ich dringend ein, ohne Unterlass zum Herrn zu beten, damit, durch die Fürsprache der Seligen Jungfrau Maria, «alle eins seien».

Gegeben zu Rom in Sankt Peter, am 2. Juli 2009, im fünften Jahr meines Pontifikats.