Pfarrer Meurer glaubt an Gelingen der neuen Hartz-IV-Regelung

"Keiner kann sich mehr wegducken"

Nach monatelangem Ringen ist am 1. April der Hartz-IV-Kompromiss von Regierung und Opposition in Kraft getreten. "Traumhaft", findet Franz Meurer. Im Interview mit domradio.de erklärt der für sein soziales Engagement bundesweit bekannte Kölner Pfarrer, wie die Reform gelingen kann.

 (DR)

domradio.de: Wie bewerten Sie die neue Hartz-IV-Regelung?

Meurer: Grundsätzlich finde ich das ganz toll und traumhaft. Sogar Nachhilfe wird finanziert, nicht mehr alles muss übers Ehrenamt gemacht werden! Wie immer gilt, was Goethe sagte: Das Was bedenke, noch mehr das Wie! Zum Beispiel das Mittagessen in der Schule kann finanziert werden. Es müssen allerdings für viele Dinge Anträge gestellt werden. Und da brauchen die Eltern weiterhin Hilfe. Denn Bürokratie ist für die ein Problem.



domradio.de: Inwieweit sind Sie und Ihre Mitarbeiter vorbereitet, hier zu helfen?

Meurer: Wir organisieren. Und natürlich geht das wieder nur gemeinsam. Beispiel Mittagessen an der Schule: Hier müssen die Leute, die das organisieren, dafür sorgen, dass alle Kinder erfasst werden. Auch das geht nur gemeinsam. Der Blick aufs Kind ist jetzt entscheidend.



domradio.de: Zuschüsse beantragen ist eine große Hürde...

Meurer: ...eine riesige Hürde. Hier müssen wir die Menschen unterstützen. Aber das ist ja eine vornehme Aufgabe der Kirchengemeinde. Denn die Heiligen sagen uns ja, der Weg zu den Armen ist der Weg zu Gott. Und der führt vielleicht sogar durch den bürokratischen Dschungel.



domradio.de: Sehen Sie einen Unterschied mit dem neuen Gesetz?

Meurer: Der Hauptunterschied ist: Keiner kann sich mehr wegducken. Kein Schulleiter oder Lehrer kann mehr sagen, er hat es nicht gewusst.



domradio.de: Der Paritätische Wohlfahrtsverband spricht von der teuersten Sozialleistung, die es jemals in Deutschland gab...

Meurer: Ja, wenn man es bürokratisch macht, hätten sie Recht. Man muss die Verwaltung ganz, ganz flach halten. Das gilt ja auch für die Kirche: Wenn wir riesige Apparaturen aufbauen, anstatt uns um die Menschen zu kümmern, schießen wir uns selber ins Knie.



Das Gespräch führte Uta Vorbrodt