Der Heilige Stuhl und die Anerkennung des unabhängigen Kroatiens

Einer der ersten Unterstützer

Die Reise von Papst Benedikt XVI. nach Kroatien an diesem Wochenende und den kroatischen Nationalfeiertag am 25. Juni verbindet mehr als nur die zeitliche Nähe. Für den noch jungen Staat kann der Heilige Stuhl eine Art politischer Geburtshelferschaft für sich beanspruchen.

Autor/in:
Thomas Jansen
 (DR)

Er war am 13. Januar 1992 einer der ersten, der Kroatien nach dessen Unabhängigkeitserklärung vom 25. Juni 1991, die formell am 8. Oktober in Kraft trat, anerkannte. Erst zwei Tage später erfolgte die Anerkennung durch die Europäische Gemeinschaft.



Papst Johannes Paul II. (1978-2005) war einer der entschiedensten Befürworter der Unabhängigkeit Kroatiens. Nach der Militärintervention der Jugoslawischen Volksarmee in Kroatien im Frühjahr 1991 hatte der Vatikan zunächst noch eine unmittelbare Parteinahme vermieden und sich auf allgemeine Friedensappelle beschränkt. Im Laufe der Ereignisse avancierte er jedoch immer mehr zum Fürsprecher der Unabhängigkeit Kroatiens.



Grund für die anfängliche Zurückhaltung war nicht zuletzt die Sorge des Heiligen Stuhls vor einer zusätzlichen religiösen Aufladung des ethnischen Konflikts zwischen katholischen Kroaten und orthodoxen Serben. Im November 1991, nach serbischen Angriffen auf Dubrovnik und Vukovar, rief Johannes Paul II. die jugoslawische Volksarmee schließlich ausdrücklich auf, "das Leben wehrloser Zivilisten zu schonen und die Zerstörungswut zu stoppen".



Ungewöhnliche Initiative

Im gleichen Monat ergriff der Heilige Stuhl auch auf diplomatischem Parkett eine ungewöhnliche Initiative: Er verschickte an alle Unterzeichnerstaaten der KSZE-Schlussakte ein Memorandum, in dem er zu verstärkten Bemühungen für eine Anerkennung Kroatiens und Sloweniens aufrief. Schon einen Monat vor der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens, im Mai 1991, empfing Johannes Paul II. den Präsidenten der damals noch zu Jugoslawien gehörenden Republik Kroatien, Franjo Tudjman, im Vatikan. Zwar hob der Heilige Stuhl anschließend umgehend hervor, dass es sich nicht um eine "politische Geste" handele. Dass dieser Besuch als Aufwertung Tudjmans und stillschweigendes Einverständnis mit dessen Plänen für eine staatliche Unabhängigkeit gedeutet werden konnte, war jedoch kaum von der Hand zu weisen.



Ein enger Verbündeter Johannes Pauls II. in der Frage der Anerkennung Kroatiens war vor allem die deutsche Bundesregierung. Insbesondere der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher zählte zu den treibenden Kräften einer Anerkennung des jungen Staates. Innerhalb der EU und in Washington stieß Genscher jedoch zunächst auf entschiedenen Widerstand. Eine Anerkennung Kroatiens, so befürchteten damals viele, leiste dem Verfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien Vorschub und führe zu einem politischen Vakuum. Im Papst fand der deutsche Außenminister hingegen einen Bundesgenossen. Als sich im November die Lage in Kroatien zuspitzte, empfing Johannes Paul II. Genscher kurzfristig zu einem nach vatikanischen Gepflogenheiten ungewöhnlichen Zeitpunkt, an einem Freitagabend, zu einer Unterredung über die Lage in Jugoslawien.



Dass die Anerkennung Kroatiens durch den Heiligen Stuhl mehr als nur eine diplomatische Fußnote war, spiegelte sich nicht zuletzt in den polemischen Äußerungen des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wider. Als Hauptverantwortliche für das Auseinanderfallen Jugoslawiens beschuldigte er - in dieser Reihenfolge - Deutschland, den Vatikan, die USA und die EU.



Ebenso entschieden, wie Johannes Paul II. für die Unabhängigkeit Kroatiens eingetreten war, trat er in den folgenden Jahren für dessen Aufnahme in die EU ein. Auch Benedikt XVI. sprach sich wiederholt dafür aus - eine Tatsache, die Ministerpräsidentin Jadranka Kosor noch am Donnerstag in einer Kabinettssitzung hervorhob. Nach den letzten Verlautbarungen aus Brüssel könnte der Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen schon bald nach der Papstreise und dem Nationalfeiertag erfolgen.