In Rom kommt die vatikanisch-israelische Verhandlungskommission zusammen

Gespräche vor dem Durchbruch?

Von "substanziellen Fortschritten" war nach der letzten vatikanisch-israelischen Konferenz im Januar die Rede: eine Bewertung, die plötzliche Bewegung in den seit über 15 Jahren dahindümpelnden Verhandlungen erahnen ließ und die Erwartungen für das heutige Treffen hochschraubte.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

An diesem Dienstag (12.06.2012) beraten hochrangige Regierungsdelegationen des Heiligen Stuhls und Israels im Vatikan über Rechts-, Besitz- und Finanzfragen der Kirche im Heiligen Land. Diese heiklen Themen waren im Grundlagenvertrag von 1993 ausgeklammert worden, der den Weg zur Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen den Heiligen Stuhl und Israel im Juni 1994 ebnete. Damals wollten beide Seiten im Zuge des Osloer Friedensprozesses rasch ihr jahrzehntelang gestörtes Verhältnis normalisieren. Zuvor hatten Vatikandiplomaten die völkerrechtlich ungeklärte Situation des Heiligen Landes sowie die Lage die Christen in der arabischen Welt geltend gemacht. Das Abkommen von 1993 sah jedoch vor, die Rechte und Eigentumsfragen einschließlich der traditionellen Steuerbefreiung katholischer Schulen, Hospize und Krankenhäuser binnen zwei Jahren zu klären.



Ein juristisches Abkommen über die Stellung der Kirche und ihrer Einrichtungen in Israel wurde bereits 1996 unterzeichnet. Weitere Rechts- und Eigentumsfragen blieben jedoch offen. Und da der Vatikan nicht nochmals zu Teilabkommen bereit war, sondern auf eine Gesamtlösung setzte, zogen sich die Verhandlungen hin. Unter anderem geht es um die Kommunalsteuer, von denen kirchliche Einrichtungen seit osmanischer Zeit, dann unter den Briten und viele Jahre lang auch unter den Israelis befreit waren.



Israel wollte dieses Sonderrecht aus prinzipiellen Erwägungen nicht weiter gelten lassen. Zu Beginn der 90er Jahre flatterten kirchlichen Kliniken, Altenheimen und Gästehäusern Steuerbescheide ins Haus. Für viele der religiösen Non-Profit-Einrichtungen stand damit die Existenz auf dem Spiel. Zwar folgten einige spektakuläre Einsätze von Ordnungskräften in religiösen Häusern; zu Vollstreckungen kam es freilich nicht. Das Problem blieb im Schwebezustand - auch wenn der Vatikan auf eine grundsätzliche Lösung drängte.



Eines der kompliziertesten Themen der vatikanischen Diplomatie

Nach Lösungen haben Unterkommissionen und Arbeitsgruppen in den vergangenen Monaten intensiv gesucht. Sie befassten sich auch generell mit Eigentumsfragen: etwa, welche Rechte und Pflichten sich für Klöster und Pilgerstätten auf dem Berg Tabor oder dem Ort der Seligpreisungen ergeben. Sollte jetzt ein Abkommen zustande oder zumindest in Reichweite kommen, wäre das auch ein persönlicher Erfolg für die beiden Botschafter, Nuntius Antonio Franco und Mordechai Levy. Für beide endet demnächst ihre Entsendung. Der jüdische Kirchen-Experte Levy, der sein Land zuvor auch schon in Berlin vertrat, kehrt nach vierjährigem Rom-Aufenthalt ins Jerusalemer Außenministerium zurück.



Erzbischof Franco hatte bereits im März seinen 75. Geburtstag gefeiert - ein Termin, zu dem Vatikandiplomaten eigentlich spätestens in Pension gehen müssen. Für ihn wurde eine Verlängerung ermöglicht; immerhin war der bescheiden auftretende Kirchenmann in seiner Dreifachfunktion als Nuntius in Israel und Zypern sowie als Apostolischer Delegat in Jerusalem für eines der kompliziertesten Themen der vatikanischen Diplomatie zuständig. Und sollte es nun nach so langer Zeit zu einem Erfolg kommen, sollten die beiden Hauptakteure mit dabei sein.