Kapitelsamt im Kölner Dom am dreißigsten Sonntag im Jahreskreis

"Hört zu!"

In seiner Predigt nahm Domkapitular Thomas Weitz Bezug auf den Weltmissionssonntag, der am Sonntag stattfindet. Er bat die Gläubigen nach Möglichkeit um eine großherzige Spende für die "in Bedrängnis lebenden Schwestern und Brüder in Westafrika."

Blick auf den Kölner Dom / © 512r (shutterstock)

Christen seien Menschen der Hoffnung und Menschen, auf die man hoffen könne. Die Antworten auf die Herausforderungen der Zeit seien durchaus ähnlich bei Christen und Nicht-Christen: "Dem Hungernden gibt man zu essen, dem zu Unrecht Gefangenen verhilft man zur Freiheit, dem Verleumdeten steht man bei, ob es Einzelpersonen sind oder Bewegungen, Gruppen oder ganze Volksstämme."

Die Antwort werde ähnlich sein, aber der Grund sei ein anderer. Für die Christen sei Gott der Grund. "Noch schärfer gefasst: Gott selbst, wie er sich uns und der ganzen Welt in Jesus Christus offenbart." Wo der Glaube an diesen Gott stark sei, sei auch die christliche Mission stark. Wo dieser Glaube stark sei, sei die Hilfe mehr als nur Hilfe, sondern Verkündigung.

Schreie überall: Hören wir sie?

Doch um welche Verkündigung gehe es, fragte der Domkapitular? Mit Blick auf die Tageslesung antwortete er: "Ein erstes: Es sind Schreie von denen, die leicht überhört werden, die keine Lobby haben. Es sind schreie von denen, die unverschuldet in großer Not sind. Es sind gewiss auch Schreie von denen sein, die zu Unrecht im Gefängnis sitzen." Er nannte Beispiele: Die Schreie der Uiguren, der Chinesen in Hongkong, der Menschen in Flüchtlingslagern in Westafrika und in Europa. All diese Schreie würden nicht immer durch die dicken Wände aus Beton oder aus "politisch motivierten Desinteresse" dringen würden.

"Aber", so der Domkapitular, "diese Schreie können gehört werden." Gott höre. Und Gott verpflichte, sein Volk zum Hören. Er nehme sein Volk in die Pflicht, auf den Schwachen zuzugehen: "in einer Haltung, die die Schwäche des anderen nicht ausnützt und die von der eigenen Stärke nicht profitiere." – "Hört zu!", betonte Weitz. Das könne sehr anstrengend sein. "Aber wir können es, wir können zuhören." Gott, der mit den Menschen einen Bund geschlossen habe, mute es dem Menschen zu. 

Unterscheiden heißt sich solidarisieren

"Dabei kommen wir nicht umhin zu unterscheiden, mit Vernunft aus dem Glauben heraus zu handeln." Manches Geschrei aus den Medien müsste herunter gedreht werden, um auch den leiseren Tönen Gewicht zu geben oder sie überhaupt hören zu können. "Denn auch die Wahrheit des Schreis ist nicht das, was ich am lautesten höre. Andererseits: Lautes Geschrei kann auch bedeuten: 'Du musst jetzt handeln, sofort!'"

Die Unterscheidung dessen sei der Punkt, an dem sich der Mensch solidarisch zeige.

Gegen Vorurteile

"Ein zweites: Für die, um die es geht, hat man schon Vorurteile parat, im Sinne von: 'Da war nichts anderes zu erwarten'", kritisierte Weitz. "Wäre es nicht großartig, wenn man auch in Deutschland hören könnte: 'Typisch Christ?'"

Doch was bedeutet das? Dazu verwies der Domkapitular auf die ersten Worte des Weltmissionssonntages: "Selig, die Frieden stiften. Sie sind nicht und dürfen nicht sein biblisches Beiwerk, damit es fromm klingt. Sie zeigen auf den, von dem her unser Einsatz gefordert ist: auf Jesus Christus." Evangeliersierung bedeute den Menschen zu helfen – und zu entdecken, wer Jesus Christus sei.

Übertragung bei DOMRADIO.DE

DOMRADIO.DE übertrug am Weltmissionssonntag das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Thomas Weitz. Die musikalische Gestaltung lag bei Ulrich Brüggemann an der Domorgel und dem Mädchenchor am Kölner Dom.

Domkantor Oliver Sperling leitete den Chor, der aufgrund der Hygiene-Bestimmungen auf einem eigens errichteten Chorpodest im Südquerhaus unter Wahrung der Abstandsregeln gesungen hat.

Den Ablaufplan zur Messe finden Sie hier.

Zum Weltmissionssonntag

Der Weltmissionssonntag ist die größte Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit. Mehr als 100 päpstliche Missionswerke sammeln an diesem Tag auf allen Kontinenten für die soziale und pastorale Arbeit der Kirche in den 1.100 ärmsten Bistümern der Welt.

Die Spenden kommen unter anderem den dort arbeitenden Priestern zugute. Papst Pius XI. setzte den "Sonntag der Weltmission" 1926 ein, im selben Jahr wurde er erstmals in Deutschland begangen. Katholische Pfarreien weltweit begehen den Tag am vorletzten Sonntag im Oktober, in Deutschland findet er am vierten Sonntag im Oktober statt.

In diesem Jahr steht kein einzelnes Beispielland im Fokus der Aktion, sondern eine ganze krisengeschüttelte Region: Westafrika.

Lange lebten die Menschen verschiedener Religionen und Ethnien dort friedlich zusammen. Zunehmend werden die Länder der Sahelzone jedoch zum Schauplatz von Anschlägen und islamistischer Gewalt. Die Corona-Pandemie hat diese Lage noch verschärft.

In Ländern wie Nigeria, Niger, Mali, Senegal oder Burkina Faso ist es die Kirche, die den Menschen bei medizinischen und pastoralen Bedürfnissen beisteht und den Kampf gegen Corona führt. «Die Menschen dort vertrauen kirchlichen Mitarbeitern oft mehr als der Regierung», sagt der Präsident von missio Aachen, Dirk Bingener.


Domkapitular Dr. Thomas Weitz / © Tomasetti (DR)
Domkapitular Dr. Thomas Weitz / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA , DR