WunderBar

Alles ist relativ. Auch unter Corona

Der Jüngste läuft misslaunig auf dem Hundespaziergang neben mir. Was ist los, will ich wissen. „Corona nimmt mir mein Leben. Ich habe nicht mal Geburtstag.“

Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito (shutterstock)
Kerzen auf einer Geburtstagstorte / © Nito ( shutterstock )

Nun, der Geburtstag im November fällt selbstredend nicht wegen Corona aus. Die Party aber natürlich schon.

Ich hole tief Luft. Zu oft habe ich mich jetzt schon gewundert. Über die Lokalpresse, die eine Erstsemester-Studentin porträtiert. So einsam sei das alles, so schrecklich. Über Menschen, die mir erzählen, dass sie jetzt nicht morgens auf dem Weg zur Arbeit ihren Cappuccino trinken könnten. Oder Eltern, die mir erzählen, wie unzumutbar die Maske für ihre Schulkinder sei.

Von den Menschen, die in Berlin im Bundestag Abgeordnete rempeln und filmen, die ihre Kinder auf Bühnen erzählen lassen, es ginge ihnen wie Anne Frank in ihrem Versteck oder die gleich das Infektionsschutzgesetz mit dem Ermächtigungsgesetz gleichsetzen, ganz zu schweigen. Aber das sind radikale Rechte, die die Demokratie zerstören wollen. Anderes Thema.

Ich hole nochmal tief Luft. Und denke an meine Freundin aus Burundi, ihre Kinder haben Hunger, Corona treibt die Preise unerschwinglich hoch. Denke an die Sendungen, die ich zu Moria gemacht habe.  

Tja. Auch unter Corona gilt: Wir hier sind die Privilegierten.

Oder möchten Sie gerade lieber in Burundi oder den USA, in Spanien oder Indien sein? Oder vielleicht in China und ihrem Umgang mit Menschen- und Bürgerrechten?

Wobei: natürlich leiden im Moment alle Menschen weltweit unter der Pandemie. Auch alle Menschen in Deutschland. Und auch in Deutschland leiden die Ärmeren mehr, geht die Schere weiter auseinander. Leiden Künstler*innen, Selbstständige, Eltern, Kinder, alte Menschen mehr, als Menschen, die im Homeoffice von Videokonferenzen genervt sind.

Leid kann man nicht mit anderem Leid vergleichen. Leid ist Leid und gehört gewürdigt.

Und, zugleich, kann ich auf das schauen, was geht. Die oben genannte Studentin kann, trotz Corona, ihr Studium aufnehmen. Der Bekannte, der auf seinen Cappuccino verzichten muss, kann zur Arbeit gehen. Kinder, die einen Mundschutz in der Schule tragen müssen, können in die Schule gehen.

Uns auf das zu konzentrieren, was geht und was wir haben, das wäre ziemlich wunderbar.

Wie beim Geburtstag des Jüngsten. Der war mit Lieblingsessen, erfüllten Herzenswünschen und Besuch von einer Freundin doch noch ein Erfolg.