Armenier bittet Deutschland um Hilfe für Berg-Karabach

Friedensgespräche möglich?

In der seit Ende September umkämpften Region stehen sich auch Christen und von der Türkei unterstützte islamistische Kämpfer gegenüber, nachdem Christen und Muslime dort lange friedlich zusammenlebten. Wird der Konflikt jetzt religiös aufgeladen?

Die Region Berg-Karabach / © Damian Pankowiec (shutterstock)
Die Region Berg-Karabach / © Damian Pankowiec ( shutterstock )

Beide Länder brächten Deutschland Vertrauen entgegen; daher habe es die Möglichkeit, zu Friedensgesprächen einzuladen, sagte der Kölner Rechtsanwalt und Vertreter der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland, Ilias Uyar, am Dienstag vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Hilfreich wären aus seiner Sicht auch eine Bundestagsresolution, in der das Eingreifen der Türkei in den Konflikt verurteilt werde, sowie logistische und humanitäre Unterstützung.

Kämpfe seit Ende September

Vertreter der armenischen Kirche und Zivilgesellschaft in Deutschland haben Bundestag und Bundesregierung aufgerufen, sich für eine Beilegung des Konflikts einzusetzen.  In der Region Berg-Karabach im Südkaukasus leben überwiegend Armenier. Völkerrechtlich gehört das Gebiet zu Aserbaidschan, zu dem es in der Zeit der ehemaligen Sowjetunion geschlagen wurde. Armenien unterstützt die 1991 ausgerufene, international nicht anerkannte "Republik Berg-Karabach", die Türkei steht an der Seite Aserbaidschans.

Die gegenwärtigen Kämpfe begannen am 27. September und sind die schwersten seit dem Krieg von 1991 bis 1994, in dem rund 30.000 Menschen getötet wurden. Eine am Sonntag vereinbarte Waffenruhe ist brüchig.

Zentralrat der Armenier fordert Wirtschaftssanktionen

Auch der armenische Botschafter in Deutschland, Ashot Smbatyan, sowie Vertreter armenischer Organisationen setzten sich für eine stärkere Rolle Deutschlands zur Beilegung des Konflikts ein. Smbatyan forderte die Bundesregierung auf, die Verantwortung Aserbaidschans und die negative Rolle der Türkei klar zu benennen.

Antranig Aznavour vom Zentralrat der Armenier in Deutschland forderte Wirtschaftssanktionen und ein Waffenembargo für die beiden Staaten. Der Präsident der armenischen Wohlfahrtsorganisation AGBU Germany, Georgi Ambarzumjan, erklärte, es sei nicht korrekt, Berg-Karabach völkerrechtlich Aserbaidschan zuzuordnen. Smbatyan bezeichnete das Gebiet als "De-facto-Staat".

Armenischer Bischof: Kein Konflikt zwischen Christen und Muslimen

Der Primas der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland, Bischof Serovpe Isakhanyan, betonte, es handele sich nicht um einen religiösen Konflikt zwischen christlichen Armeniern und muslimischen Aserbaidschanern. Beide Religionen hätten in der Region jahrhundertelang friedlich koexistiert.

Unter Hinweis auf die "gezielte" Bombardierung der Christ-Erlöser-Kathedrale in der Stadt Schuschi, die ein Wahrzeichen Berg-Karabachs sei, durch aserbaidschanische Truppen am 8. Oktober fügte der Bischof hinzu, es gebe offenbar Bemühungen, den Konflikt religiös aufzuladen. So würden etwa auch von der Türkei islamistische Kämpfer in die Region gebracht.

Friedensgebete für Berg-Karabach

In den 16 armenischen Kirchengemeinden in Deutschland finden nach Angaben Isakhanyans seit dem 27. September täglich Friedensgebete für Berg-Karabach statt. Es gebe keinen gerechten Krieg und keine Alternative zum Frieden, betonte der Bischof. Allerdings hätten Menschen, deren Existenz bedroht werde, das Recht, sich gegen Angriffe zu verteidigen. In Deutschland leben nach Angaben Ambarzumjans bis zu 100.000 Menschen armenischer Herkunft.


Quelle:
KNA
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