Kirche in Wattenscheid betreibt besonderes Ladenlokal

"Wat für eine Idee"

Egal, ob sie "wat zu erzählen" oder "wat zu fragen” haben: Mitten in Wattenscheid ist der "WatLaden" eine neue Anlaufstelle für alle, die Hilfe oder auch nur ein offenes Ohr brauchen. Pastor Jens Watteroth erklärt das Konzept.

Das WatLokal in Wattenscheid in Bochum. / © Lukas Klein-Wiehle  (Bistum Essen)
Das WatLokal in Wattenscheid in Bochum. / © Lukas Klein-Wiehle ( Bistum Essen )

DOMRADIO.DE: Die Pfarrei St. Gertrud liegt gleich um die Ecke, wo jetzt das "WatLokal" eröffnet hat. Sie sind Seelsorger in dem Projektteam, das aus 20 Ehrenamtlichen und noch ein paar Hauptamtlichen besteht. Was genau ist das denn für ein Laden, in dem es nichts zu kaufen gibt? 

Pastor Jens Watteroth (Seelsorger Pfarrei St. Gertrud von Brabant, Katholische Kirche Wattenscheid: Es ist tatsächlich so ungewöhnlich, wie das vielleicht klingt. Es ist ein Laden, in dem man einfach "wat fragen" oder auch nur "wat erzählen" kann ("wat" als Dialektform für "was", Anm. d. Red.). Gerne bei einer Tasse Kaffee, vielleicht bei ein paar Knabbereien. Aber erst mal sind die Menschen, die ehrenamtlich und hauptamtlich präsent sind, einfach da, um zuzuhören und um ins Gespräch zu kommen. 

DOMRADIO.DE: Das klingt ein bisschen nach Cityseelsorge. Was unterscheidet Ihr "WatLokal" davon? 

Watteroth: Ich glaube, die Grenzen sind fließend zu dem, was Cityseelsorge angeht. Das "WatLokal" ist aus der Beobachtung entstanden, dass es in Wattenscheid nicht wenige Menschen gibt, denen es gut tun könnte, ein offenes Ohr zu finden. Weil sie zum Beispiel einsam sind, weil sie was auf dem Herzen haben, weil sie nicht wissen, wohin damit, auch weil sie ganz konkrete Nöte haben. 

Jens Watteroth

"Das WatLokal ist entstanden aus der Beobachtung, dass es in Wattenscheid nicht wenige Menschen gibt, denen es gut tun könnte, ein offenes Ohr zu finden."

Die sozialen und auch städtischen Träger von Beratungsstellen berichten übereinstimmend, dass ein guter Teil der Menschen, die eigentlich dort Anlauf finden sollten, dort nicht ankommt. 

Das war für uns der Anlass zu sagen, dass es doch in der Innenstadt, da wo täglich viele Menschen sind, eine gute Sache sein könnte, wenn wir einen Ort schaffen, in dem wir präsent sind, um zum einen zuzuhören und zum anderen auch zu wissen, wohin man entsprechend vermitteln kann, wenn die Menschen Hilfe brauchen.

Citypastoral wäre vielleicht eher der seelsorgliche Blick und ein religiöses oder spirituelles seelsorgerliches Angebot im weitesten Sinne. Insofern unterscheidet sich das vielleicht ein bisschen in der Herangehensweise. 

Blick ins WatLokal, Wattenscheid / © Lukas Klein-Wiehle  (Bistum Essen)
Blick ins WatLokal, Wattenscheid / © Lukas Klein-Wiehle ( Bistum Essen )

DOMRADIO.DE: Wie sieht es in Wattenscheid aus, ähnlich wie in der Fußgängerzone in Köln? 

Watteroth: Stellen Sie sich das ein bisschen kleiner als in Köln vor. Die Fußgängerzone von Wattenscheid hat zum Beispiel keinen C&A und keinen McDonalds, aber dafür eine Menge Dönerläden, einen Bäcker und Handygeschäfte und einige Läden mehr. Es ist schon eine Fußgängerzone, in der man in Wattenscheid Einkäufe erledigt. Es gibt auch Fastfood-Läden und so weiter. Aber es ist ein bisschen kleiner als Sie sich das von Köln aus vielleicht vorstellen. 

DOMRADIO.DE: Möchten Sie denn mit dem "WatLokal" auch Anlaufstelle für Menschen ohne Obdach sein? 

Watteroth: Erstmal sind wir Anlaufstelle für jede und jeden, der oder die kommt. Völlig egal, ob mit oder ohne Obdach, völlig egal, ob katholisch oder andere Konfession oder andere Religion oder gar nichts davon.

Man bekommt bei uns, wenn Sie jetzt an Menschen ohne Obdach denken, kein Geld oder kein warmes Essen und auch keine Schlafstelle. Aber wir helfen natürlich, all das irgendwo anders zu finden. 

Jens Watteroth

"Erstmal sind wir Anlaufstelle für jede und jeden, der oder die kommt. Völlig egal, ob mit oder ohne Obdach, völlig egal, ob katholisch oder andere Konfession oder andere Religion oder gar nichts davon."

DOMRADIO.DE: Diese Woche haben Sie diese neue Lokalität eröffnet. Gibt es schon Resonanz? 

Watteroth: Es gibt Resonanz. Wir haben die erste Woche geöffnet und es waren jeden Tag Menschen da. Eben war jemand da, der einfach loswerden wollte, was er auf dem Herzen hat. Er hat mit Verlust in der Familie zu tun und brauchte einfach jemanden zum Reden. Und so gibt es jeden Tag auch schon erste Resonanzen. Damit sind wir bisher sehr zufrieden. 

DOMRADIO.DE: Was hat es denn mit diesem Namen "WatLokal" zum "wat fragen" oder "wat erzählen" auf sich? Wer hatte denn diese geniale Idee? 

Watteroth: Na ja, in Wattenscheid, wo auch die Autokennzeichen WAT lauten können, liegt es nahe, dass man ein Ladenlokal "WatLokal" nennt und sich öffnet, um "wat zu erzählen" und "wat zu fragen". Der Name entstand einfach im Vorbereitungsteam. Aber wie gesagt, das ist hier sehr naheliegend.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Bistum Essen

Das Bistum Essen ist eines der jüngsten und kleinsten unter den 27 römisch-katholischen Bistümern in Deutschland. Auch in Nordrhein-Westfalen ist es mit 1.877 Quadratkilometern und knapp 680.000 Mitgliedern das kleinste Bistum.

Es wurde am 1. Januar 1958 aus Teilen der (Erz-)Bistümer Köln, Münster und Paderborn errichtet; damals zählte die Diözese noch rund 1,5 Millionen Mitglieder.

Blick auf den Essener Dom / © frantic00 (shutterstock)
Quelle:
DR