Kirchen besorgt über Räumung von Kirchenasylen

Vorgehen wirft deutliche Fragen auf

Die evangelische und die katholische Kirche haben sich besorgt über vermehrte Räumungen von Kirchenasylen in Deutschland geäußert. Kritik gibt es auch am drastischen Vorgehen bei der Auflösung des Kirchenasyls, wie zuletzt in Uelzen.

Das Kreuz einer evangelisch-lutherischen Kirche in der Abenddämmerung 
 / ©  Friso Gentsch (dpa)
Das Kreuz einer evangelisch-lutherischen Kirche in der Abenddämmerung / © Friso Gentsch ( dpa )
Landesbischof Christian Stäblein / © Frank Senftleben (epd)
Landesbischof Christian Stäblein / © Frank Senftleben ( epd )

"Es ist in der jüngsten Vergangenheit nun bereits mehrfach zu Auflösungen von Kirchenasylen gekommen. Diese Entwicklung bereitet uns große Sorge", sagte der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),
Christian Stäblein, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz nehme die aktuell vermehrten Räumungen von Kirchenasylen besorgt zur Kenntnis, sagte Sprecher Matthias Kopp.

Sieben Räumungsandrohungen seit Juli 2023

Nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche gab es seit Juli 2023 sieben Räumungen, Räumungsversuche oder Räumungsandrohungen von Kirchenasylen in Deutschland. Davor hatten zuletzt Behörden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2020 ein Kirchenasyl aufgelöst. Am Dienstag war bekannt geworden, dass Polizei und Landesbehörden in Niedersachsen im Landkreis Uelzen ein Kirchenasyl in einer evangelischen Gemeinde beendet und eine russische Familie nach Spanien abgeschoben hatten.

Kirchenasyl immer als "ultima ratio"

"Die Auflösung des Kirchenasyls unter massivem Polizeiaufgebot und Vollstreckung von Zwangsmaßnahmen an einer Familie in einer nachweislich schwierigen humanitären und gesundheitlich überaus belasteten Situation wirft deutliche Fragen an den behördlichen Umgang mit dem Kirchenasyl auf", sagte der Berliner Bischof Stäblein. Kirchengemeinden machten es sich nie leicht, wenn sie ein Kirchenasyl gewähren. "Dies ist und bleibt für uns ultima ratio." Stäblein erklärte, deshalb sei das Gespräch zwischen Kirchen und Behörden so dringlich, damit man zu einem gemeinsamen humanitären Umgang mit Menschen in akuten Notsituationen gelange.

Regelmäßiger Kontakt mit Bundesamt für Migration

Matthias Kopp (KNA)
Matthias Kopp / ( KNA )

Bischofskonferenz-Sprecher Kopp erklärte, die Bischöfe stünden zu Fragen des Kirchenasyls regelmäßig im Kontakt mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und weiteren zuständigen Behörden. "Wir werden die Entwicklungen weiter beobachten und in Gesprächen mit den zuständigen Behörden dafür werben, dass die Tradition des Kirchenasyls auch künftig respektiert wird." Das Kirchenasyl stelle ein letztes Mittel zur Abwendung drohender Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbarer humanitärer Härten dar. Es diene dazu, im Austausch mit den staatlichen Stellen den konkreten Einzelfall erneut zu überprüfen und verantwortbare Lösungen zu finden. Wenn Kirchengemeinden oder Ordensgemeinschaften Kirchenasyl gewähren, gehe dies mit einem großen persönlichen Engagement einher. Jede Räumung eines Kirchenasyls bedeute daher für alle Beteiligten eine große Belastung. Zu einzelnen Kirchenasylfällen könne man keine Einschätzung abgeben.

Kirchenasyl

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten.

Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz ( KNA )


 

Quelle:
epd