Neue Gedenkstätte für in Frankreich getötete Juden

Bislang kaum berücksichtigt

Neben vielen zehntausend vorsätzlichen NS-Judenmorden im besetzen Frankreich gab es auch Tausende getötete Juden, die nicht direkt dem Holocaust zum Opfer fielen. Auch ihrer wird nun in Paris öffentlich gedacht.

Symbolbild: Rosen zum Gedenken / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild: Rosen zum Gedenken / © Harald Oppitz ( KNA )

In Paris ist am Sonntag eine digitale Gedenk-Stele für in Frankreich gestorbene Juden der deutschen Besatzungszeit eingeweiht worden. Sie soll die sogenannte Wand der Namen von 2005 im Innenhof der Pariser Schoah-Gedenkstätte ergänzen, die den Vernichtungswillen der Nationalsozialisten mit den Namen von 76.000 Opfern sowie Überlebenden dokumentiert, wie französische Medien berichten.

Lücke schließen und Opfer ehren

Das neue, digitale Monument gelte rund weiteren 4.000 Juden, die während des Zweiten Weltkriegs auf französischem Boden starben. Sie wurden standrechtlich erschossen, verschwanden oder begingen Suizid. Die Tragödien von Frauen, Männern, Kindern und Kleinkindern seien nun in Form eines Namens, eines Datums und manchmal eines Fotos auf der digitalen Stele eingelassen. Mithilfe eines QR-Codes könne der Besucher eine einzelne Identität aus der langen Liste hervorheben.

Das neue Denkmal solle eine Lücke schließen und Opfer ehren, die in der Geschichte bislang kaum berücksichtigt würden, wird der Leiter der Gedenkstätte, Jacques Fredj, zitiert. Familien vermisster Angehöriger hatten sich laut den Berichten ein Rechercheprojekt seiner Einrichtung gewünscht; dieses erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. "4.000 Namen sind nicht viel. Aber das ist der Sinn und Zweck eines digitalen Denkmals. Sie können so viele Namen einbringen, wie Sie möchten", so Fredj. Es handele sich um eine fortlaufende Arbeit.

Familien sollen über Einbeziehung entscheiden

Der Direktor weiter: "Wir lassen Familien die Wahl, ob sie den Namen einer verstorbenen Person angeben möchten oder nicht. Für einige waren es Widerstandskämpfer; Menschen, die für die Befreiung Frankreichs kämpften." Es sei den Familien überlassen zu entscheiden, ob sie eine Einbeziehung in die Holocaust-Gedenkstätte wünschen.

Bei den von Nazis in Zusammenarbeit mit dem französischen Vichy-Staat verübten Judenmorden kreuzten sich mehrere Schicksale, wie Fredj sagte. Einige waren Widerstandskämpfer oder Kommunisten, andere Opfer von Repressalien; wieder andere verbrachten ihre Tage in Internierungslagern. Er erläuterte: "Wir sind bestrebt, alle Kategorien von Opfern zu identifizieren, um der Vielfalt der Lebenswege jüdischer Familien im Zweiten Weltkrieg so nahe wie möglich zu kommen."

Auschwitz

Auschwitz ist zum Synonym für den Holocaust geworden, den Massenmord am jüdischen Volk durch die Nationalsozialisten. In das größte deutsche Konzentrationslager nahe der Kleinstadt Oswiecim im damals von Deutschen besetzten Polen wurden zwischen 1940 und 1945 deutlich über eine Million Menschen aus ganz Europa deportiert. Der weit überwiegende Teil waren Juden, dazu kamen etwa 140.000 Polen, Zehntausende Sinti und Roma sowie Tausende politische Häftlinge anderer Nationalität.

Das Eingangstor mit der Aufschrift "Arbeit macht frei" der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau  / © Nancy Wiechec (KNA)
Das Eingangstor mit der Aufschrift "Arbeit macht frei" der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau / © Nancy Wiechec ( KNA )
Quelle:
KNA