Nicht nur im Advent sind Türen allgegenwärtig

Geschichten zwischen Tür und Angel

Selten stehen Türen so im Fokus wie im Advent: 24 Tage lang wartet für die meisten eine voraussehbare Überraschung hinter einem Türchen aus Papier. Nicht nur in der Weihnachtszeit sind die Portale ständige Begleiter.

Autor/in:
Christoph Koitka
 (DR)

Durch wie viele Türen sind Sie heute schon gegangen? Vom Schlafzimmer ins Bad, vom Fahrstuhl ins Büro – die Ein- und Ausgänge sind eine alltägliche Selbstverständlichkeit. Der Architekturhistoriker Wolfgang Pehnt sieht die Entwicklung der Tür sogar auf einer Ebene mit Erfindungen wie dem Rad oder der Nutzung des Feuers durch den Menschen. "Geöffnet stellt sie den Zusammenhang zwischen Innen und Außen her", schreibt Pehnt über die Tür.

"Geschlossen sichert sie dem Menschen seinen eindeutig geschlossenen Bereich." Dabei schütze sie vor Ungeziefer und dem Wetter ebenso wie vor aufdringlichen Nachbarn und anderen Störenfrieden.

Tür als Kontrollmechanismus

Laut Peht gab die Erfindung der Tür dem Menschen die Kontrolle über seinen Wohnraum: Anders als die naturgegebene Höhlenöffnung konnte die Erfindung jederzeit die Außenwelt aussperren. Das galt bei den größeren Entsprechungen wie den Stadttoren auch für ganze Gemeinschaften. Diese Durchbrüche in der Stadtmauer wurden oftmals ganz besonders wehrhaft und schmuckvoll ausgestattet. Das lateinische Wort "fores" für Tür tritt nicht umsonst im Plural auf: Wahrscheinlich wird hier auf die beiden Flügel eines repräsentativen Tores angespielt.

Je nachdem, auf welcher Seite der Tür man steht, wird sie sehr unterschiedlich wahrgenommen: Während etwa die Gefängnistür den Insassen den Weg zur Freiheit versperrt, fühlt man sich außerhalb der Mauern von ihr beschützt. Kein Wunder, dass sich diese Ambivalenz auch in zahlreichen Sprichwörtern und Metaphern niederschlägt, die Türen zum Thema haben: Wer vor der eigenen Tür kehrt, steckt seine Nase nicht in fremde Angelegenheiten. Wer mit der Tür ins Haus fällt, handelt nicht unbedingt strategisch. Und wer schon einen Fuß in der Tür hat, rennt mitunter offene Türen ein.

"Offene Tür" für den Einlass

Diese "offene Tür" ist außerdem sprichwörtlich für einen Zufluchtsort geworden. Diesem Hintergrund trägt etwa die Organisation "Open Doors" mit ihrem Namen Rechnung: Die evangelikale Hilfsorganisation setzt sich für verfolgte Christen ein. "Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden", lässt Johannes in seinem Evangelium Jesus sagen. Dieser Bibelvers spiegelt sich auch in den "Heiligen Pforten", die für Heilige Jahre der katholischen Kirche geöffnet werden. Wer dreimal durch diese Türen geht, bekommt seine Sünden erlassen. Im Adventskalender verbirgt sich hinter den Türen dagegen meist nur ein Stück Schokolade.

Nicht hinter jeder Pforte wartet aber eine süße Überraschung: In seinem Theaterstück "Draußen vor der Tür" beschreibt Wolfgang Borchert schon mit dem Titel die soziale Ausgrenzung von Kriegsheimkehrern nach dem Zweiten Weltkrieg. Kritisch wird es auch, wenn der Schutz eingerissen wird. In Stanley Kubricks Horrorfilm "Shining" hackt sich Hauptdarsteller Jack Nicholson mit irrem Blick durch das Holz. Abhilfe von solchen Bedrohungsszenarien versprechen Hersteller von Sicherheitstüren: Die Tür des 21. Jahrhunderts ist nicht nur mit einem komplizierten Schloss gesichert, sondern kann filmen, sprechen und selbsttätig den Paketboten einlassen.

Die Tür in bekannten Filmen

Derart komplexe Durchgänge haben sich nicht einmal die großen Autoren der Fantasy-Literatur ausgedacht: J.R.R. Tolkien hat in seinem "Herrn der Ringe" zumindest eine Sprachsteuerung eingebaut. Das Passwort "Freund", in der Elbensprache aufgesagt, öffnet die Tür zu den Minen von Moria. Harry Potter verirrt sich im Zaubereiministerium im "Raum der Türen". Dessen Ausgänge führen in unterschiedliche Räume und ordnen sich nach dem Durchschreiten neu an. Einen ganz ähnlichen Raum lässt Michael Ende in seiner "Unendlichen Geschichte" entstehen: Der "Tausend Türen Tempel" besteht aus einem Türenlabyrinth. Jede Tür kann dabei zur Eingangspforte in den Tempel werden.

Auch in der Musik haben Türen ihre Spuren hinterlassen: Mit den "Doors" des legendären Musikers Jim Morrison benannte sich sogar eine Band danach. John Fogerty sang mit Creedence Clearwater Revival "Lookin' Out My Back Door", während Bob Dylan in "Knockin' On Heaven's Door" an der Himmelspforte anklopft. Die White Stripes sind in "My Doorbell" schon drinnen, warten aber, dass jemand an der Tür klingelt. Das Lied "Türlich Türlich (Sicher Dicker)" aus dem Jahr 2000 von "Das Bo" hat dagegen sicher nichts mit den Ein- und Ausgängen zu tun.


Quelle:
KNA