Lehrerverbandspräsident über muslimische Schüler und Eltern

"Viele Schulkantinen haben ihr Angebot verändert"

Wie sollen Kindergärten und Schulen grundsätzlich mit dem Thema Schweinefleisch auf dem Speiseplan umgehen? Im Interview erklärt der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, seine Sicht auf die aktuelle Debatte.

Schweinefleisch / © Evgeniy Salov (shutterstock)

KNA: Zwei Kindertagesstätten in Sachsen wollen Schweinefleisch aus Rücksichtnahme auf muslimische Kinder vom Speiseplan streichen. Auch wenn der Beschluss laut Medienberichten inzwischen ausgesetzt wurde - sind Ihnen ähnliche Vorgänge aus Schulen bekannt?

Heinz-Peter Meidinger (Präsident des Deutschen Lehrerverbandes): Das ist beileibe kein Einzelfall, sondern es gibt viele Schulkantinen und Kioske an Schulen mit hohem Anteil von Kindern mit muslimischen Migrationshintergrund, die offen oder ganz still und leise ihr Speisenangebot dementsprechend verändert haben.

Grundsätzlich ist es auch kein Problem, wenn Schulkantinen auf die Nachfrage und Bedürfnislage der Schüler Rücksicht nehmen.

KNA: Aber?

Meidinger: Problematisch wird es, wenn sich dann die nichtmuslimische Minderheit dieser Vorgabe komplett unterwerfen muss und es keine alternativen Speisenangebote mehr gibt. Das ist übrigens dann auch ein Grund dafür, dass sich Eltern deutscher Kinder bevormundet fühlen beziehungsweise ihre Kinder an anderen Schulen anmelden, um nicht einem Mehrheitsdiktat zu unterliegen, das keinen Minderheitenschutz mehr kennt.

KNA: Was also tun?

Meidinger: Ich rate Schulen zu einem toleranten Miteinander der verschiedenen Gruppen, Nationalitäten und Milieus - dazu gehört auch, dass solche Entscheidungen nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg getroffen werden und die Bedürfnisse von Minderheiten geachtet werden.

KNA: Hat sich am Miteinander von Muslimen und Nicht-Muslimen an den Schulen in den vergangenen Jahren etwas geändert?

Meidinger: Insgesamt gesehen beobachten wir vom Deutschen Lehrerverband, dass islamische Interessensgruppen, Moscheevereine, Verbände, Elterngruppen vor Ort oder auch überregional sich viel stärker und offenkundiger als früher artikulieren, beispielsweise auch bezüglich einer vermehrten Rücksichtnahme des Schulbetriebs auf den Ramadan.

KNA: Mit welchen Konsequenzen?

Meidinger: Früher haben Schulen vom Ramadan auch bei starkem muslimischen Migrationsanteil kaum etwas mitbekommen, weil dies von den Betroffenen selbst als Privatsache betrachtet und geregelt wurde.

Heute wird teilweise verlangt, dass in dieser Zeit keine Prüfungen stattfinden, keine Sportveranstaltungen und Schulfeste angesetzt werden sowie weniger Hausaufgaben gegeben werden. Wenn der Ramadan aber von Prüfungen freigehalten wird und sich diese auf die andere Schulzeit konzentrieren, ergeben sich dadurch nicht selten Nachteile für alle.

KNA: Wie soll sich also eine Schule in einem solchen Fall konkret verhalten? Soll das Sportfest doch stattfinden?

Meidinger: Sportfeste finden ja häufig am Jahresende statt. Wenn das mit dem Ramadan kollidiert, müsste das Sportfest gegebenenfalls komplett ausfallen. Das würde ich für falsch halten.

Das Interview führte Joachim Heinz.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema