Abgeordnete warnen vor ungeregelter Anwendung von Gentests

Gegen die Routine

Die Kassenleistungen für vorgeburtliche Gentests sind ethisch umstritten. Eigentlich sollten sie eine Ausnahme sein. Parlamentarier fordern eine Prüfung der Folgen und warnen vor der ungeregelten Anwendung weiterer Tests.

Schwangere Frau mit Ultraschallbild / © Natalia Deriabina (shutterstock)
Schwangere Frau mit Ultraschallbild / © Natalia Deriabina ( shutterstock )

Vorgeburtliche Bluttests auf genetische Besonderheiten (NIPT) entwickeln sich nach Einschätzung einiger Parlamentarier trotz Vorbehalten des Gesetzgebers zu einer Routineuntersuchung. 

Eine interfraktionelle Gruppe von 121 Bundestagsabgeordneten kritisierte eine solche Entwicklung der Pränataldiagnostik am Mittwoch in Berlin und verlangte Konsequenzen. Ihr Antrag wird am Mittwochabend im Bundestag beraten.

 Rund 63.000 Mal wurde der Test im vergangenen Jahr angewendet

Die Abgeordneten beriefen sich auf die Abrechnungszahlen im ersten Jahr seit Kassenzulassung. Demnach kam von Juli 2022 bis Juni 2023 der Test rund 63.000 Mal bei rund 160.000 Geburten pro Quartal zum Einsatz - auf 2,5 Geburten kam ein Test auf Trisomien 13, 18 und 21. Das gehe eindeutig über "begründete Einzelfälle" hinaus, wie es die Richtlinien vorsehen.

Die vor rund zwei Jahren beschlossene Kassenzulassung galt als hoch umstritten, weil damit ein Massenscreening nach möglichen Gendefekten befürchtet wird, bei dem Menschen mit möglichen Behinderungen "aussortiert" werden. 

Die interfraktionelle Gruppe fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, Folgen der Kassenzulassung von Tests auszuwerten und die ethischen, rechtlichen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung von einem Expertengremium prüfen zu lassen.

Interfraktionelle Gruppe konstituierte sich im Juli 2022

Die Gruppe konstituierte sich im Juli 2022 mit dem Ziel, eine Routineanwendung von Trisomien-Bluttests und selektiver Pränataldiagnostik zu verhindern. Denn dies widerspreche "grundsätzlich der Idee einer inklusiven Gesellschaft und Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention". 

Zu den Mitgliedern gehören Michael Brand, Hubert Hüppe, Sabine Weiss (alle CDU), Stephan Pilsinger (CSU), Dagmar Schmidt (SPD), Corinna Rüffer (Grünen), Pascal Kober (FDP) und Sören Pellmann (Die Linke).

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt erklärte dazu, "Menschen mit Down Syndrom seien genauso wertvoll wie andere Menschen". Sie sehe die Aufgabe der Parlamentarier auch darin, aufzuklären, was ein Leben mit Behinderung bedeute und dafür zu werben, dass Familien mit "besonderen Kinder auch eine besondere Unterstützung verdienen". Zugleich solle der Antrag Auftakt für eine Debatte über die weitere medizinische Entwicklung von Gentests sein.


 

Quelle:
KNA