Armeniens Katholikos beschwört nationale Einheit

Gedenken an Völkermord

Das Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche, Katholikos Karekin II., hat Frieden und Sicherheit für Armenien und Berg-Karabach eingefordert. Am 24. April gedenken die Armenier dem Völkermord durch die Osmanen im Jahr 1915.

Die ewige Flamme der Völkermord-Gedenkstätte Zizernakaberd in Jerewan (Armenien) / © Alexander Brüggemann (KNA)
Die ewige Flamme der Völkermord-Gedenkstätte Zizernakaberd in Jerewan (Armenien) / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Der Kampf für die Sache der Armenier verhindere weitere Völkermorde und Verbrechen, erklärte der Patriarch am Montag in einer Botschaft zum Gedenktag des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich.

Karekin II. (l.), Oberster Patriarch und Katholikos aller Armenier / © Paolo Galosi/Agenzia Romano Siciliani (KNA)
Karekin II. (l.), Oberster Patriarch und Katholikos aller Armenier / © Paolo Galosi/Agenzia Romano Siciliani ( KNA )

Karekin II. nahm wie alljährlich am 24. April am offiziellen Gedenken bei der Gedenkstätte Zizernakaberd ("Schwalbenfestung") in der armenischen Hauptstadt Jerewan teil. Dabei wurde er gegenüber lokalen Medien noch deutlicher als in seiner Botschaft, wie die Presseagentur Kathpress berichtet. Er verurteilte aserbaidschanische Verbrechen gegen das armenische Volk von Artsach. Das Ziel Aserbaidschans sei, Artsach vollständig von Armeniern zu säubern.

Appell an die internationale Staatengemeinschaft

Der Katholikos appellierte demnach an die Armenier in Artsach, standhaft zu bleiben. An die internationale Staatengemeinschaft richtete er einmal mehr den Aufruf, endlich aktiv zu werden und den Armeniern in Artsach ein freies und unabhängiges Leben zu ermöglichen.

Aserbaidschan hatte am Sonntag mitgeteilt, es habe einen Kontrollpunkt an der einzigen Straße nach Berg-Karabach errichtet, da Armenien den Weg für Waffentransporte nutze. Armenien erklärte postwendend, die Errichtung des Kontrollpunkts an der Hakari-Brücke sei eine grobe Verletzung des Waffenstillstandsabkommens von 2020.

Nun sei Russland gefordert; laut dem Abkommen von 2020 müsse die Straße unter Kontrolle russischer Friedenstruppen stehen.

Laut armenischen Angaben wurde am Sonntag ein armenischer Soldat durch aserbaidschanischen Beschuss getötet. Aserbaidschan wies diese Darstellung zurück und erklärte, armenische Einheiten hätten auf aserbaidschanische Soldaten geschossen.

Gedenken an Ermordete

Bis zu eine Million Armenier kommen jedes Jahr am 24. April zur Gedenkstätte Zizernakaberd, um so das Gedächtnis an die Ermordeten hochzuhalten. Am 24. April 1915 hatten Einheiten der osmanischen Geheimpolizei in Istanbul Hunderte armenische Intellektuelle verhaftet und nach Anatolien deportiert, wo die meisten den Tod fanden. Das war der Startschuss für einen Völkermord an den Armeniern und für Massaker an weiteren Christen syrischer und griechischer Tradition. Die Schätzungen reichen bis zu 1,5 Millionen armenische Todesopfer sowie bis zu weiteren 500.000 Opfern unter Christen anderer Konfessionen.

Aserbaidschan blockiert seit Dezember den Latschin-Korridor, die einzige Verbindung von Berg-Karabach nach Armenien. 120.000 Menschen, darunter viele Kinder, Alte und Kranke, sind seither praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.

Das französische christliche Hilfswerk Oevre d'Orient wies am Montag auf eine dramatische Lage in Berg-Karabach hin: Die 120.000 Armenier in der Region seien größten Entbehrungen ausgesetzt. 20.000 Schüler gingen nicht mehr zur Schule; 860 lokale Unternehmen mussten demnach ihre wirtschaftliche Tätigkeit einstellen.

Mit der Blockade wolle Aserbaidschan die gesamte armenische Bevölkerung Berg-Karabachs aushungern, warnte das Hilfswerk. Wenn das Vorgehen Aserbaidschans ungestraft bleibe, würde dies den Weg für künftige schlimme Menschenrechtsverletzungen ebnen.

Genozid an den Armeniern

Zwischen 1915 und 1918 wurden im damaligen Osmanischen Reich zwischen 300.000 und 1,5 Millionen christliche Armenier, Pontos-Griechen, Assyrer und Aramäer ermordet. Während Historiker vom "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts" sprechen und der Regierung des damaligen Osmanischen Reichs die Verantwortung zuweisen, räumt die Türkei bislang lediglich ein, dass es Massenvertreibungen und gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben habe. In deren Folge seien Hunderttausende gestorben.

Genozid-Gedenkstätte im armenischen Eriwan / © Thomas Koerbel
Genozid-Gedenkstätte im armenischen Eriwan / © Thomas Koerbel
Quelle:
KNA