Bischof Neymeyr versteht Streit um Katholikentag

"Deutscher Katholikentag, kein Erfurter Katholikentag"

In einem Monat eröffnet der Katholikentag in politisch angespannten Zeiten. Im Vorhinein gab es Diskussionen um die Rolle der ostdeutschen Katholiken. Hat sich der Streit gelegt? Und welche Rolle wird das Thema AfD spielen?

Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )

DOMRADIO.DE: In genau einem Monat geht bei Ihnen in Erfurt der 103. Deutsche Katholikentag los. Wie steht es mit den Vorbereitungen? 

Bischof Ulrich Neymeyr (Bischof von Erfurt): Die Vorbereitungen sind im Plan. Natürlich muss noch allerhand geschehen. Zurzeit werden die Programme und die Teilnehmerausweise verschickt und es gibt immer noch Anmeldungen. Wir suchen auch noch sehr engagiert Privatquartiere. Am Samstag hatten wir sogar beim Fußballspiel von Rot-Weiß-Erfurt die Gelegenheit dafür zu werben, weil wir dringend noch Quartiere benötigen. Aber ansonsten ist alles im Plan. 

DOMRADIO.DE: Wie kommt denn so eine urkatholische Veranstaltung in einer Diaspora-Gesellschaft, wo gerade die katholische Kirche ein Rand-Dasein fristet, an. Wie blicken denn die Erfurter, die Thüringer auf dieses katholische Großevent?

Neymeyr: Wir hatten schon weit im Vorfeld mit der Stadt Erfurt abgeklärt, dass wir den Katholikentag nach Erfurt einladen können. Es gab dazu einen Stadtratsbeschluss, auch mit der Entscheidung, dass die Stadt Erfurt die Veranstaltung mit 600.000 Euro unterstützt. Das hat sich bewährt, weil so die Stadtgesellschaft weiß, dass ihr Repräsentationsgremium, nämlich der Stadtrat, dem zugestimmt hat.

Das erlebe ich auch so. Die Menschen freuen sich, dass eine große bundesweite Veranstaltung in Erfurt stattfindet. Sie sind gespannt, was wir Katholiken da zu bieten haben und was es da gibt. Wir haben uns dazu auf dem Hauptplatz in Erfurt, auf dem Anger positioniert. Wir, damit meine ich die ostdeutschen Bistümer, weil wir hier das Gespräch mit den Erfurterinnen und Erfurtern suchen. 

DOMRADIO.DE: Aber es ist auch eine gute Möglichkeit, die Kirche mit den kirchenfernen Leuten ein bisschen mehr in Kontakt zu bringen. 

Neymeyr: Ja, es ist die Chance, einfach mal Kirche zu präsentieren. Ich hoffe, dass sich auch andere Zeit nehmen und die Gelegenheit nutzen, über die Kirchenmeile zu gehen und zu schauen, wie vielfältig die katholische Kirche ist. 

DOMRADIO.DE: Das Thema rund um die ostdeutschen Bistümer hat im Vorhinein für ein bisschen Ärger gesorgt. Im vergangenen Jahr hat der ehemalige Erfurter Oberbürgermeister Manfred Ruge den Vorsitz des Trägervereins abgegeben, weil seiner Meinung nach die Perspektiven der ostdeutschen Katholiken nicht prominent genug vertreten sind. Hat sich denn seitdem der Fokus nochmal verändert? Hat das Thema noch mal eine andere Bedeutung bekommen?

Neymeyr: Mittlerweile ist auch das Programm veröffentlicht. Da konnten sich alle auch ein Bild davon machen, welche Themen aufgerufen werden. Sie werden feststellen, dass natürlich auch ostdeutsche Themen vorkommen, sowohl was das Leben in einem säkularen Umfeld bedeutet, als auch was die Zeit der DDR und der friedlichen Revolution angeht. Der Aufbau der Demokratie kommt vor, allerdings tatsächlich nicht an prominenter Stelle. 

Ulrich Neymeyr

"Der Aufbau der Demokratie kommt vor, allerdings tatsächlich nicht an prominenter Stelle."

Es ist ein Deutscher Katholikentag, der hier in Erfurt stattfindet und kein Erfurter Katholikentag. Manche hatten sich vorgestellt, dass sich hier hauptsächlich Erfurt und die katholische Kirche in der ostdeutschen Diaspora präsentieren kann. Aber das ist bei Katholikentagen nicht der Fall. Sie sind deutsche Veranstaltungen, die natürlich in einer Stadt stattfinden, die auch mit ihren Themen die Katholikentage prägen, aber nicht prominent. 

DOMRADIO.DE: Das Ganze findet gerade bei Ihnen in Thüringen in einem politisch sehr aufgeladenen Jahr statt. Die Landtagswahlen stehen an und es gibt große Debatten, was das Abschneiden der AfD angeht. Die Bischöfe haben vor kurzem noch einmal klar gemacht, dass die Partei nicht mit der katholischen Kirche und katholischen Überzeugungen vereinbar ist. Aber Katholikentage sind ja inhärent politisch. Schon beim Katholikentag in Leipzig 2016 gab es die große Debatte, welche Rolle das Thema AfD spielen soll. Wie blicken Sie da nun, acht Jahre später, darauf? Wie sollte der Katholikentag mit dem Thema AfD, der Präsenz der AfD, umgehen?

Neymeyr: Es wird Podien zu diesen Themen Demokratie und Migration geben. Wir haben uns als ostdeutsche Bischöfe Anfang des Jahres positioniert und uns für Demokratie eingesetzt. Dabei haben wir auch unsere Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die AfD eine Partei ist, die das demokratische System und seine Strukturen in unserem Land aushöhlen möchte.

Von daher ist es eigentlich für uns hier von Anfang an klar gewesen, dass wir keine Vertreter der AfD einladen. Wir diskutieren die Themen, natürlich auch das Thema Flucht und Vertreibung, aber nicht mit Vertretern der AfD, weil wir ihnen kein Podium bieten möchten. 

Ulrich Neymeyr

"Es ist von Anfang an klar gewesen, dass wir keine Vertreter der AfD einladen."

DOMRADIO.DE: Worauf freuen Sie sich denn am meisten jetzt, wenn in einem Monat der Katholikentag in Ihrem Bistum losgeht? 

Neymeyr: Ich freue mich, dass wir Gastgeber sein können. Ich bekomme mit, dass viele Menschen gerne nach Erfurt kommen wollen, weil sie sagen, dass wir eine schöne Stadt haben. Manche waren schon hier und manche wollen die Stadt kennenlernen. Sie wollen aber auch erfahren, wie katholische Christen im säkularen Umfeld leben.

Diese Freude, von der ich ringsherum höre, lässt mich ganz froh auf diese Tage schauen. Es gibt viele Begegnungen. Ich freue mich auch sehr, dass viele aus unserem Bistum gesagt haben, dass sie gute Gastgeber sein wollen.

Wir wollen die Gäste begleiten und ihnen zur Verfügung stehen. Da haben wir ganz viele Freiwillige gefunden, die froh sind, dass sie nicht den ganzen Tag über bei der Präsentation des Bistums und bei der Begleitung von Gästen eingeteilt sind. Es sind zum Glück so viele, dass sie auch noch Zeit dafür haben, selbst den Katholikentag zu erleben.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Katholikentage

Deutsche Katholikentage sind Treffen, bei denen sich die Kirche mit ihren Verbänden und Institutionen über mehrere Tage der Öffentlichkeit präsentiert. Sie finden in der Regel alle zwei Jahre in wechselnden Städten statt.

Bei Katholikentagen diskutieren zehntausende Christen über kirchliche und gesellschaftspolitische Themen und feiern Gottesdienste. Veranstalter ist das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK); Gastgeber ist die jeweilige Diözese des Austragungsortes.

Flyer und Becher mit Bleistiften des 102. Deutschen Katholikentags in Stuttgart / © Gerhard Baeuerle (epd)
Flyer und Becher mit Bleistiften des 102. Deutschen Katholikentags in Stuttgart / © Gerhard Baeuerle ( epd )
Quelle:
DR