Käßmann kritisiert Kirche wegen Umgang mit Missbrauch

Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Die evangelische Theologin Margot Käßmann sieht in der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben. Das geht aus einem Beitrag zum Thema Vergebung und Rechtfertigung nach der ForuM-Studie hervor.

Margot Käßmann / © Meiko Herrmann (KNA)
Margot Käßmann / © Meiko Herrmann ( KNA )

"Die Glaubwürdigkeit unserer Kirche und ihres Willens zur Veränderung steht dabei auf dem Spiel", heißt es.

Laut der im Januar dieses Jahres veröffentlichten ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt im Bereich der EKD wurden seit 1946 mindestens 2.225 Menschen in der evangelischen Kirche und der Diakonie missbraucht, hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Dazu schreibt Käßmann: "Sexualisierte Gewalt ist eine brutale Straftat, die Leben zerstört. Sie gehört vor staatliche Gerichte."

Ob die Erkenntnisse durch die ForuM-Studie "unsere Kirche so angemessen erschüttert haben, dass sexualisierte Gewalt konsequent geahndet wird, die Opfer geschützt werden und jedwede Vertuschung ein Ende findet, wird sich rückblickend in einigen Jahren zeigen", fügte die frühere hannoversche Landesbischöfin Käßmann hinzu.

Fehlverhalten im Umgang mit Minderheiten

Die evangelische Kirche habe Fehlverhalten unter anderem bei ihrem Umgang mit Frauen und im Umgang mit der Homosexualität sowie ihre Schuld gegenüber dem Judentum inzwischen klar anerkannt, so Käßmann weiter: "Die lutherische Kirche ist offensichtlich lernfähig. Sie kann Selbstherrlichkeit ablegen und voller Demut anerkennen, wo sie in die Irre gegangen ist. Das macht mir Hoffnung!"

Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) veröffentlichte eine Textsammlung zur ForuM-Studie mit dem Titel "Lutherische Theologie und die Abgründe sexualisierter Gewalt in der Kirche". Käßmann steuerte einen Beitrag dazu bei. Die Texte behandeln theologische Fragen zu Sünde und Vergebung im Kontext sexualisierter Gewalt in der Kirche. Der 1948 gegründeten VELKD gehören heute sieben Landeskirchen mit über 7,5 Millionen evangelischen Christen an.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
epd