Film über das bewegte Leben Isa Vermehrens

Zwischen Kabarett, KZ und Kloster

Das Lied "Eine Seefahrt, die ist lustig", das war das Markenzeichen von Isa Vermehren. Ein aufwendig produziertes TV-Drama über die “fröhliche Nonne aus dem Fernsehen" löst nicht überall Beifall aus.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Isa Vermehren / © isa-vermehren.de
Isa Vermehren / © isa-vermehren.de

"Wahrheit lässt sich nicht zeigen. Nur erfinden." Dieses Zitat von Max Frisch ist dem Film "Ein weites Herz" (ZDF, Ostermontag, 1. April, 20.15 Uhr) vorangestellt. Ungewöhnlich für einen TV-Film, doch soll damit nach Worten von Produzentin Jutta Lieck-Klenke deutlich werden, dass hier keine Dokumentation, sondern die frei erzählte Geschichte der Kabarettistin und Ordensfrau Isa Vermehren (1918-2009) vorliegt. Denn das aufwendig produzierte und hochkarätig besetzte Drama löst zumindest beim Sacre-Coeur-Orden wenig Beifall aus.

Zweifellos nimmt sich das Leben von Isa Vermehren, die in eine liberal geprägte Lübecker Familie hineingeboren wurde, wie ein Romanstoff aus. In der Nazizeit nahm sie als Kabarettistin in Berlin kein Blatt vor den Mund, war 1944/1945 in den KZ Ravensbrück, Buchenwald und Dachau in "Sippenhaft", weil sich ihr Bruder aus dem diplomatischen Dienst nach London abgesetzt hatte, konvertierte mit 20 Jahren zum katholischen Glauben und trat 1951 in den konservativ geprägten Sacre-Coeur-Orden ein. Von 1986 bis 1998 war sie erste Sprecherin vom "Wort zum Sonntag" in der ARD. Immer blitzten dabei Witz, Charme und die große Lebenserfahrung der Pädagogin auf, die von 1969 bis 1983 die Sophie-Barat-Schule ihres Ordens in Hamburg leitete.

"Aber was für eine spannende Geschichte Schwester Vermehren hatte, das wusste niemand", so Jutta Lieck-Klenke, die selbst "Sophie"-Schülerin war. Anfangs stieß sie mit ihrer Filmidee im ZDF auf wenig Gegenliebe, "denn damals waren historische Stoffe, in denen es noch dazu um Glaube und Kirche geht, gar nicht gefragt". Schließlich kam es doch zur Umsetzung, an der Schauspieler wie Nadja Uhl (Isa Vermehren), Iris Berben (Isas Mutter), Max und Friedrich von Thun (Bruder und Vater) und Peri Baumeister (Schwägerin Elisabeth) mitwirkten.

"Eine rein fiktionale Darstellung"

Dass der Film frei nach der Biografie «Ein weites Herz» (2003) von Matthias Wegner entstand, ist auch im Vorspann verzeichnet. Wegner, dessen Vater 1946 Vermehrens Buch "Reise durch den letzten Akt" über ihre Zeit im KZ verlegt hatte, führte Dutzende Gespräche mit der betagten Nonne. "Sie war eine zutiefst beeindruckende Persönlichkeit, die den Schalk im Nacken hatte, zugleich aber auch ernst und streng sein konnte", erinnert sich der Hamburger Autor. Isa Vermehrens Orden hält seine Biografie für authentisch und empfehlenswert. Zu dem Film wollen sich die Sacre-Coeur-Schwestern hingegen auf Anfrage gar nicht äußern.

Auf der Ordens-Website wird darauf verwiesen, dass der Film laut ZDF als "eine rein fiktionale Darstellung" entstanden sei. "Insoweit ist dieser Film keine dokumentarische, historisch authentische Darstellung der Vita von Isa Vermehren vor ihrem Ordenseintritt." Weiter verweist die Seite auf die Möglichkeit, etwa über "YouTube" Lieder und Interviews von Isa Vermehren abzurufen. Auch die Sophie-Barat-Schule wollte sich nicht zum Film äußern oder gar dessen Vorführung vor Schülern unterstützen - zum Bedauern von Produzentin Lieck-Klenke. "Die Sacre-Coeur-Schwestern hielten schon immer wenig von Personenkult", so ihr Erklärungsversuch. Isa Vermehren selbst habe sich nach anfänglicher Skepsis Zeit für ein langes Gespräch mit Drehbuchautorin Annette Hess genommen.

"Erfunden und doch wahr".

Was den Orden an dem Film irritieren mag, sind zwei "Bettszenen" Isa Vermehrens mit ihrem Verlobten sowie ihres Bruders Erich mit seiner Frau Elisabeth. Die Szenen sind freilich nach dem Maßstab heutiger Sehgewohnheiten dezent gehalten. Befremdlicher dürfte hingegen die Andeutung einer zumindest homoerotischen Anziehung zwischen Isa und ihrer Schwägerin, durch die sie letztlich zum Katholizismus fand, ankommen.

Für den Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der in die jahrelangen Vorarbeiten zum Film einbezogen war, zählt der Gesamteindruck: "Es ist wunderbar, wie der Film das Schicksal dieser ungewöhnlichen Frau zeigt, ihre Kraft, ihre Liebe, ihren Glauben." Dass sich die Ordensgemeinschaft mit der Produktion nicht identifizieren könne, müsse man freilich respektieren. Für ihn jedoch sei der Film letztlich "erfunden und doch wahr".


Quelle:
KNA