Kirchliche Stimmen zum AfD-Parteitag

"Selbstverständlich machen wir mit"

Unter dem Motto "Unser Kreuz hat keine Haken" beteiligen sich die christlichen Kirchen an den Aktionen in Köln. Von der AfD kommt scharfe Kritik am Protest der Kirchen. domradio.de dokumentiert die Reaktionen Kölner Kirchenvertreter. 

"Unser Kreuz hat keine Haken" - kirchlicher Protest gegen Hass und Ausgrenzung / © Jann-Jakob Loos (DR)
"Unser Kreuz hat keine Haken" - kirchlicher Protest gegen Hass und Ausgrenzung / © Jann-Jakob Loos ( DR )

Monsignore Robert Kleine (Kölner Stadtdechant): Ich finde es ein tolles Zeichen, dass alle, die hier auf dem Platz stehen - unterschiedliche Parteien und gesellschaftliche Gruppierungen sowie die Kirchen verschiedener Religionen - sagen, dass wir einander respektieren und dass Toleranz diese Stadt und die gesamte Gesellschaft in unserem Land bestimmt. Man kann und muss auch politisch streiten, aber nur mit Worten und fair. Es darf keine Ausgrenzung, keine Diskriminierung und vor allem keinen Rassismus geben. In der Partei, die im Moment ihren Bundesparteitag abhält, gibt es immer wieder Abfälligkeiten für Antisemitismus und Rassismus. Wir sagen, dass dies nicht sein darf. Da müssen wir uns gegenstellen. Wir möchten natürlich auch den Sympathisanten die Augen öffnen und zeigen, wie schön bunte Vielfalt ist. Dass wir als Kirchen da mitmachen, war eine Selbstverständlichkeit.

Die Kölner zeigen an diesem Tag, dass sie sich ihre Stadt nicht von einer Partei wegnehmen lassen wollen. Sie zeigen, wofür sie eigentlich 365 Tage im Jahr stehen. Ganz klar ist aber, dass dies gewaltfrei sein muss. Die AfD hat ein Recht, sich zu treffen, es darf keine Blockade geben, aber man darf seine Meinung äußern. Deshalb dürfen und müssen gewaltfreie Demonstrationen und Kundgebungen sein.

Ich kann eigentlich nur hoffen, dass die Menschen langsam spüren, dass die AfD Rattenfänger sind und dass billige Polemik versprüht wird, ohne dass die Partei Lösungen anbietet. Gott sei Dank sieht es so aus, dass die Zustimmung für die Partei auf rund acht Prozent abgesunken ist. Wir müssen als Kirche schauen, wo Menschenrechte und die Menschenwürde angegriffen werden. In meinen Augen ist das bei der Partei der Fall, da sie oft Grenzen verletzt. Vielleicht sind das Einzelstimmen, aber gegen diese wird nicht richtig vorgegangen. Deshalb ist das keine Alternative, sondern eine Sackgasse. Das versuche ich persönlich aber auch als Vertreter der Kirche den Wählerinnen und Wählern dieser Partei klar zu machen, dass sie auf das falsche Pferd setzen. Das ist nicht etwas, das zukunftsfähig ist, sondern was Zwietracht säht und der Demokratie insgesamt nicht förderlich ist.

Beim AfD-Parteitag hat ein Vorstandsmitglied die Mitglieder aufgefordert, aus den Kirchen auszutreten. Anstatt aufzurufen, aus den Kirchen auszutreten, hätten die selbsternannten Retter des christlichen Abendlandes besser dazu aufgerufen, in die Bibel zu schauen: "Was ihr dem geringsten meiner Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."

 

Hannelore Bartscherer (Vorsitzende des Katholikenausschusses der Stadt Köln): Es gilt, sich vor den anstehenden Landtagswahlen und im Endeffekt auch vor den Bundestagswahlen in diesem Jahr für die Gesellschaft zu positionieren, in der die Rechte aller Menschen in diesem Land respektiert werden, die Geschlechter gleichberechtigt sind und die Schwachen und Hilfsbedürftigen selbstverständlich von uns geschützt, gestützt und unterstützt werden. Unsere Nächsten sind die, die Hilfe brauchen. Das ist unser Glaube. Wir können nicht die Augen vor dem verschließen, was heute für jeden zu sehen ist. Wir können später nicht sagen, wir hätten von nichts gewusst. Wir stehen gemeinsam für die Verantwortung, die wir für eine gerechte Stadt, für ein gerechtes Land und für ein bessere Welt, überall da, wo wir sind, ein.

 

Rolf Domning (Stadtsuperindentendt Evangelischer Kirchenverband Köln und Region): Ich finde es toll, dass wir uns als christliche Kirchen auf dieses Motto verständigt haben und ein klares Zeichen setzen. Das stärkt und gegenseitig. Wir kriegen jetzt viele Anfeindungen, aber miteinander können wir die gut ertragen. 

Die AfD versucht uns ja in eine bestimmte Ecke zu drängen. Ich finde, sie sollten in sich gehen und über einzelne Punkte ihres Parteiprogramms nachdenken - gerade im Hinblick auf den Islam. Das entspricht nicht meiner Lebenswirklichkeit und die AfD wird damit nicht in die Mitte der Gesellschaft kommen. Denn die Mitte der Gesellschaft hat Begegnung mit Muslimen und weiß, dass es Menschen sind wie Du und ich. Unsere Gesellschaft muss doch zusammenhalten und sie muss bunt bleiben. Das ist mein Appell.

 

Rebea Müller (Liberal muslimischer Bund): Ich möchte zunächst einmal betonen, dass der Halbmond auch keine Haken hat. Ich denke, dass wir gerade in Köln, wo wir einen Rat der Religionen haben, der seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeitet, gelernt haben, miteinander auszukommen und mit Respekt miteinander zu diskutieren. Ich glaube, diesen Respekt - auch wenn wir manchmal ganz unterschiedlicher Meinung sind - zu behalten. Das sehe ich bei der AfD eher als ein Problem. Dass ich hier stehe, unter anderem mit meiner jüdischen Freundin zusammen, zeigt ganz deutlich, dass nicht nur die Muslime, sondern auch der Islam nach Köln gehört. Köln wird seinen eigenen Islam produzieren, nämlich den eines liberalen und weltoffenen Denkens.

 

Dr. Gesa Biffio (Vorsitzende der jüdischen liberalen Gemeinde Köln): Der Davidstern hat selbstverständlich auch gar keine Haken. Wir sind natürlich extrem sensibilisiert, was die rassistischen und antisemitischen Parolen der AfD betrifft. Ich bin gerade aus unserem Gottesdienst gekommen, der bei uns samstags gefeiert wird, um zu sagen, wie stolz und froh wir sind, dass wir Teil der Vielfalt dieser Stadt und auch des Rats der Religionen sind.


Quelle:
DR