Tageszeitung verteidigt Artikel und spricht von Übersetzungsfehler - Kardinal Meisner: Geschmacklos und beleidigend

Wirbel um Papst-Satire

In Deutschland und Polen hält die Empörung über die Papst-Johannes-Paul II.-Satire in der "Welt" an. Der Kölner Kardinal Meisner nannte den Artikel "zutiefst beleidigend". In Polen wird zum Boykott der Zeitung aufgerufen. Die Redaktion hat mittlerweile auf die Reaktionen reagiert und spricht von einem "schwerwiegenden Übersetzungsfehler". Nirgendwo sei Papst Johannes Paul II. als "unsympathischen Greis" bezeichnet worden. Der deutsche Journalistenverband verteidigte das Blatt.

 (DR)

"Gezielt Scherze über behinderte und kranke Menschen"
Ziel der Satire ist der verstorbene Papst Johannes Paul II., nachdem vor kurzem bekannt wurde, dass ein mögliches Heilungswunder an einer französischen Ordensschwester untersucht wird, das auf die Fürsprache Johannes Pauls II. zurückzuführen sein könnte.

Die den Papst-Fotos unterlegten Bildtexte auf der Internetseite seien zutiefst beleidigend, so Kardinal Meisner. Fast genau zwei Jahre nach dem Tod Johannes Pauls II. und noch dazu in den vorösterlichen Tagen werde auf diese Weise von einem sich als seriös verstehenden deutschen Medium das Andenken dieses weltweit geachteten und von katholischen Christen unvermindert verehrten Papstes zum Gegenstand gehässiger und teilweise obszöner Witze gemacht. Verwerflich sei überdies, dass gezielt Scherze über behinderte und kranke Menschen gemacht würden. Dies sei nicht hinnehmbar.

Appell an die Verantwortlichen der Seite
Kardinal Meisner rief die Verantwortlichen dringend auf, die Geschmacklosigkeit schnellstens von der Internetseite zu entfernen und damit vor dem wichtigsten Fest der ganzen Christenheit ein Mindestmaß an Respekt zu zeigen.

Für die Empörung unter polnischen Katholiken zeigte Meisner großes Verständnis. "Hier wird doch Schindluder getrieben mit den religiösen und nationalen Gefühlen von Millionen von Menschen."

"Kein internationaler Skandal, sondern eine harmlose Satire"
Die Redaktion von welt.de räumte am Freitag zwar ein, Papst Johannes Paul II. sei ein "großer Papst, den wir achten und respektieren" gewesen. Viele Mitglieder der Redaktion gehörten dem katholischen Glauben an. Allerdings verwahren die Journalisten sich in einem Artikel "In eigener Sache" gegen den Vorwurf Stimmung gegen den katholischen Glauben oder Polen zu machen. Der Text sei "kein internationaler Skandal, sondern eine harmlose Satire". Die Aufregung in Polen sei zu einem überwiegenden Teil durch einen schwerwiegenden Übersetzungsfehler entstanden, den "Die Zeit" nicht zu verantworten hab. Nirgendwo sei Papst Johannes Paul II. als "unsympathischer Greis" bezeichnet worden. Das aber würden viele polnische Medien behaupten.

Boykott-Aufrufe in Polen
Polens Außenministerin Anna Fotyga von der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte sich "persönlich sehr beunruhigt" gezeigt. Die polnische Presse berichtete ausführlich und mit Unverständnis. Die kleine ultrarechte Regierungspartei Liga Polnischer Familien (LPR) nannte den Artikel einen Skandal und rief zum Boykott der Zeitung auf.

Die konservative Tageszeitung "Rzeczpospolita" schrieb, dies sei nicht die erste verletzende Satire der "Welt". Das Blatt habe sich schon im November in ähnlichem Stil über Polen lustig gemacht. Die linksliberale "Gazeta Wyborcza" kommentierte, die Deutschen machten sich nur zu gern über Ausländer lustig; über sich selbst könnten sie allerdings nicht lachen.

Das Boulevardblatt "Fakt", das wie "Die Welt" zum deutschen Axel-Springer-Verlag gehört, schrieb: "Wenn in Deutschland Polen und Katholiken solch eine Achtung und Respekt genössen wie Araber und Muslime, würde 'Die Welt' natürlich Johannes-Paul-II.-Karikaturen genauso meiden wie Mohammed-Karikaturen. Aber man kann ja schwer anfangen, Deutsche zu entführen und Gebäude in die Luft zu jagen, um unsere westlichen Nachbarn vor der Eruption ihres Witzes zu schützen."

Journalistenverband: Teil der Meinungsfreiheit
In Polen wurden mehrfach Journalisten wegen der Herabwürdigung des Papstes verurteilt. Vor einem Jahr verhängte ein Gericht gegen den Herausgeber der Satirezeitschrift "Nie", Jerzy Urban, eine Geldstrafe von umgerechnet rund 5.000 Euro. Urban hatte den polnischen Papst 2002 unter anderem als einen "Breschnew des Vatikan" und einen "lebenden Leichnam" bezeichnet.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hatte die Satire am Mittwoch verteidigt. "Es ist Teil der Meinungsfreiheit im demokratischen Staat, mit dem Mittel der Satire Kritik an Persönlichkeiten und Institutionen zu üben", erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Katholiken müssten dieses Grundrecht, von dem auch sie profitierten, akzeptieren. Die Auseinandersetzungen um die Mohammed-Karikaturen hätten gezeigt, dass die Pressefreiheit verteidigt werden müsse.