Ökumene-Versammlung in Sibiu beendet

Christen wollen mitreden

Deutliche Signale nach langen Diskussionen: Mit einem Appell zur christlichen Mitgestaltung Europas ist am Wochenende die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung (EÖV3) im rumänischen Sibiu zu Ende gegangen. "Die Kirchen haben den Willen gezeigt, auf dem Weg der Einheit voranzuschreiten", zieht Dr. Johannes Oeldemann vom Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn ein positives Fazit - findet im domradio-Interview aber auch kritische Worte.

 (DR)

Abschlusspapier ruft zur Verantwortung für Europa auf
"Als Christen teilen wir die Verantwortung, Europa zu einem Kontinent des Friedens, der Solidarität, der Partizipation und der Nachhaltigkeit zu formen", heißt es in der am Samstagabend verabschiedeten Schlusserklärung. Die Christen wollen mitreden bei den Zukunftsfragen des Kontinents.

An dem Treffen, das von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und dem Rat der europäischen katholischen Bischofskonferenzen (CCEE) veranstaltet wurde, nahmen rund 1.500 Delegierte aller Konfessionen teil. Nachdem sich die ökumenische Bewegung 1989 in Basel und 1997 in Graz getroffen hatte, war nun erstmals ein orthodox geprägtes Land Gastgeber. Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt werden können: Rumänien gehört seit Januar zur Europäischen Union, und das einst von deutschen Siedlern gegründete Sibiu (Hermannstadt) in Siebenbürgen ist in diesem Jahr europäische Kulturhauptstadt.

So war eines der wesentlichen Ziele der Versammlung die Begegnung von Ost und West, der Austausch zwischen Orthodoxen, Protestanten, Katholiken, Anglikanern und Freikirchen. Mit Blick auf die Ökumene heißt es in der fünfseitigen Schlussdeklaration, das Zeugnis der Kirchen für Erneuerung und Einheit werde nur dann glaubwürdig sein, "wenn wir unsere Reise in Richtung auf eine sichtbare Einheit fortsetzen". In Sibiu sei die "schmerzhafte Wunde der Trennung der Kirchen" erneut spürbar geworden. Tiefer als diese Trennungen seien aber die "gemeinsamen Wurzeln".

Vertiefung in großen Foren und informell
Der ökumenische Dialog wurde in Sibiu sowohl in den großen Foren als auch informell vertieft. Jenseits dieses Austauschs gab es jedoch auch ernüchternde Erkenntnisse. So ist die sogenannte Konvergenz-Ökumene, also die Suche nach größtmöglichen Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen, wohl an ein vorläufiges Ende gelangt. Kurienkardinal Walter Kasper sprach von Ermüdungserscheinungen. Und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, sprach sich gar für einen gänzlich neuen Ansatz in der Ökumene aus.

Sibiu ging aber über innerkirchliche Probleme weit hinaus. Besondere Aufmerksamkeit widmeten die Delegierten der Verantwortung für die Schöpfung, den Migranten und der Globalisierung. Im Schlusstext werden die europäischen Staaten aufgefordert, ungerechtfertigte Festnahmen von Migranten zu stoppen, geordnete Zuwanderung zu gewährleisten und Sorge für die Integration von Zuwanderern, Flüchtlingen und Asylbewerbern zu tragen. Die Kirchen werden aufgerufen, ihre seelsorglichen Bemühungen um Migranten zu verstärken.

"Wichtig und anregend"
Die rund 170 deutschen Vertreter, paritätisch von der EKD und der Bischofskonferenz entsandt, zogen eine überwiegend positive Bilanz der EÖV3. Die Begegnung sei "wichtig und anregend" gewesen, sagte der Leiter der katholischen deutschen Delegation, Bischof Gerhard Feige. Es gab aber auch deutliche Kritik an der Veranstaltungsform. So habe es keine angemessene Möglichkeit der Beteiligung gegeben, sagte der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Dirk Tänzler. In der Tat wurden Wortmeldungen der Delegierten aus Zeitgründen wiederholt stark beschnitten.

Die Veranstalter zeigten sich zufrieden mit dem Verlauf des Treffens, das unter dem Leitwort "Das Licht Christi scheint über allen - Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa" stand. "Wir sind sehr glücklich, dass wir nach Sibiu gekommen sind", betonte KEK-Präsident Jean-Arnold de Clermont. Die Teilnehmer erlebten eine Stadt, die trotz mancher Schattenseiten spürbar im Aufbruch ist. Wenn die ökumenische Bewegung etwas von dieser Kraft mitnehmen kann, hätte sie bereits viel gewonnen. Ob es eine Nachfolgeversammlung geben wird, steht im Augenblick noch nicht fest.

Von KNA-Redakteur Bernd Buchner

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