Koalitionstreffen: Merkel zurück in Berlin

Kanzleramt statt Texas-Ranch

Die Rückkehr aus dem warmen Texas fiel für Angela Merkel ungemütlich aus: Schneefall wartete auf die Kanzlerin am Sonntagmorgen in Berlin bei ihrer Rückkehr von US-Präsident George W. Bush. Auch inhaltlich muss sich Merkel rasch umstellen.

 (DR)

Koalitionsausschuss unter Entscheidungsdruck  
Statt Iran, UN-Sicherheitsrat und Afghanistan geht es daheim um den Post-Mindestlohn, das Arbeitslosengeld I und die Bahn-Privatisierung. Am Montagabend beraten hierzu die Spitzen der Koalition im Kanzleramt.

Die Kanzlerin ist in den vergangenen Wochen viel herumgekommen. Seit Ende August war sie in China, Japan, bei der UNO in New York, in Äthiopien, Liberia und Südafrika, Indien, Afghanistan und zuletzt bei Bush in Texas. Mehr als zweimal um die Welt ist die Kanzlerin dabei insgesamt geflogen. Aus der SPD trug ihr das den Vorwurf ein, sich nicht genug um die Innenpolitik zu kümmern. Am Wochenende lästerte SPD-Fraktionschef Peter Struck, Merkel sei zuletzt immer nur auf "Blitzbesuch in Deutschland" gewesen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder hielt dagegen, es sei "naiv" zu glauben, Innen- und Außenpolitik ließen sich in einer globalisierten Welt trennen.

Die Koalitionsrunde trifft sich am Montag nun zum zweiten Mal innerhalb von acht Tagen. Am 4. November gab es keine greifbaren Ergebnisse, dafür mehrere Prüfaufträge an Arbeitsgruppen. Umso mehr wächst der öffentliche Druck, endlich auch Entscheidungen präsentieren zu können.

Einigungschancen beim Thema Mindestlohn
Am besten stehen die Einigungschancen beim Thema Mindestlohn. Hier geht es praktisch nur noch um Formulierungen, die klarstellen sollen, dass der Mindestlohn nur für Briefzusteller gilt, die im Hauptjob Briefe austragen. Bereits am Donnerstag soll der Bundestag entscheiden.

Beim verlängerten Arbeitslosengeld I für Ältere ist die Situation schwieriger. Die Union will keine Mehrkosten zulassen, sondern Kürzungen an anderen Stellen, was wiederum die SPD bislang ablehnt. SPD-Chef Kurt Beck deutete hier aber Kompromissbereitschaft an. Mit der SPD sei eine Zusatzbelastung Jüngerer nicht zu machen, über andere Dinge könne man aber reden, sagte Beck am Sonntag. Der SPD-Chef bewertete die Einigungschancen zuversichtlich. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht die Koalition hier unter Entscheidungsdruck. "Wir müssen zu einem Ergebnis bei der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I kommen", sagte Kauder.

Schwierig ist auch eine Verständigung beim Thema Bahn-Privatisierung, nachdem der SPD-Parteitag beschlossen hatte, eine Teilprivatisierung der Bahn nur in Verbindung mit einem Volksaktienmodell zuzulassen. Die Union lehnt dies ab. Diskutiert werden soll Medienberichten zufolge nun ein neues Modell: Unter dem Dach einer bundeseigenen Holding sollen Netz und Betrieb bei der Bahn getrennt werden. Am Betrieb des Fern-, Regional- und Güterverkehrs könnten sich dann private Investoren beteiligen, das Netz bliebe in der Hand des Bundes.

Zumindest atmosphärisch waren vor den Beratungen am Montag kaum Misstöne zu vernehmen. "Ich bin auch zuversichtlich, dass wir Lösungen hinbekommen", sagte SPD-Chef Beck. Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber versicherte: "Die Koalition steht".

ddp-Korrespondent Stefan Uhlmann